Antifaschistischer Abendspaziergang

BernerZeitung

Ein Grossaufmarsch von allen Seiten

Der «antifaschistische Abendspaziergang» durch die Berner Innenstatt am Samstagabend verlief friedlich.
Allerdings verhinderte die Polizei Krawalle, indem sie 102 Rechtsmilitante festnahm.

*Claudia Schlup

Das Spektrum an Leuten, die sich am kalten Dezemberabend vom Samstag vor der Heiliggeistkirche versammelten, um gegen Rassismus, Faschismus und rechtsextreme Gewalt zu protestieren, war gross. Da waren auf der einen Seite die vermummten Rädelsführer in orangen Jacken und Army-Hosen, da gab es aber auch Ausländerinnen und Ausländer, Teenager in Hippiekluft mit Peace-Zeichen und Leute älteren Semesters, die man kaum mit dem Etikett «links» oder gar «extrem» versehen würde. Sogar aus Deutschland waren Leute angereist, um ihre Solidarität mit den Spaziergängern zu bekunden.

«Keiner vermisst euch»
Um neun Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Zwischen 800 – so schätzt die Polizei – und 1500 – so schätzen die Veranstalter – Spaziergänger und Spaziergängerinnen zogen los, nachdem ihre Leitlinien verkündet worden waren: «Keine Einzelaktionen, keine sinnlosen Provokationen. Wir greifen nicht von uns aus an.» Fahnen und Fackeln schwingend wälzte sich die Menge via Bundesplatz und Zytglogge zum Rathaus. «Leute lasst das Glotzen sein – reiht euch in die Demo ein», verlangten die Sprechgesänge.

Disziplin gefordert
Zeitweise war die Stimmung angespannt: Zum Beispiel wenn die «Tübeli-Bar», ein von Rechtsradikalen frequentiertes Lokal in der Rathausgasse, passiert wurde. Ansonsten verlief der Spaziergang friedlich. Der Polizei wurden weder Sachbeschädigungen noch andere «nennenswerte Probleme» gemeldet. Für Disziplin sorgten die Organisatoren: «Keine Bierflaschen werfen. Ruhig bleiben», forderten sie via Lautsprecher, wenn einmal Bierflaschen gegen die Polizeigrenadiere, die entlang der Route positioniert waren, geschleudert wurden.

Grossaufgebot der Polizei
Dass Krawalle verhindert wurden, dafür sorgte ein polizeiliches Grossaufgebot von rund 200 Mann, wie Mediensprecher Franz Märki mitteilte. Aus rechtsmilitanten Kreisen wurden 102 Personen festgenommen, die versucht hatten, die Demo zu stören. So auch eine Gruppe von 80 bis 100 Leuten, die zuerst durch die Matte und dann über die Kirchenfeldbrücke in die Innenstadt gelangen wollte. Darunter befanden sich Männer, die mit Baseball-Schlägern, Ketten und Tränengassprays bewaffnet waren.

Rechte weit gereist
Fast die Hälfte der festgenommenen Personen stammt aus dem Raum Zürich und der Ostschweiz. Lediglich ein Drittel kam aus dem Kanton Bern. Insgesamt 250 Rechtsmilitante suchten die Konfrontation mit den Antifaschisten. Die Polizei habe tendenziell mit weniger Rechtsmilitanten gerechnet, sagte Franz Märki. Ob der grosse Aufmarsch der Rechten Indiz für einen erhöhten Organisationsgrad sei, vermochte er allerdings nicht zu beurteilen. Indes stellte Märki fest, dass viele der Festgenommenen Handys auf sich trugen und sich wohl so untereinander verständigten. Eine Rolle spielen laut Märki auch die Neuen Medien, welche die Verbreitung von Ideen erleichtern.

Keine Lust auf Gewalt
Seitens der Organisatoren, dem Bündnis «Alle gegen Rechts», zeigte man sich sehr zufrieden. «Der Marsch zeigt uns, dass viele Leute keine Lust auf Gewalt haben», sagte ein Sprecher. «Wir machen weiter.»*