20 minuten online; 16.11.2013
Rechtsextreme Kreise drohen im Internet mit Anschlägen auf Infostände des radikalen Islamischen Zentralrats der Schweiz. Ein Experte befürchtet, dass es zu Gewaltakten kommen wird.
An Ständen informieren Vertreter des Islamischen Zentralrats der Schweiz (IZRS) in den grossen Schweizer Städten regelmässig Passanten über ihre extremen religiösen Ansichten und verteilen Schriften mit hochproblematischem Inhalt. So heisst es in einem der Bücher, die an einem Infostand des IZRS auf dem Basler Claraplatz an arabischsprachige Interessierte verteilt wurden, Unverheiratete, die Sex hätten, seien mit 100 Peitschenhieben zu bestrafen, wer Alkohol trinke mit 40, Dieben seien die Hände abzuhacken, und Menschen, die vom Islam abfallen, seien zu töten.
Nachdem die «Basler Zeitung» darüber berichtet hatte, entlud sich im Online-Forum der Zeitung ein Sturm der Empörung mit über 300 Kommentaren. Und auch in den rechtsextremen Kreisen habe sich der Artikel schnell verbreitet, sagt Samuel Althof von der Fachstelle für Extremismus und Gewaltprävention, die ein Monitoring der einschlägigen Inhalte im Internet betreibt. «Man sollte einmal mit einer Äxten und Baseballschlägern an so einem Stand aufkreuzen und aus allen Brennholz machen», schreibt eine der Personen aus dem rechtsextremen Milieu – und erhält zahlreiche zustimmende Kommentare.
«Die Zahl dieser Äusserungen ist auffallend gross und die Sprache auch für diese Szene unübersehbar gewalttätig», sagt Althof. Er befürchte deshalb, dass auf diese Worte auch Taten folgen könnten. «Es scheint mir wahrscheinlich, dass gewaltbereite Rechtsextreme in nächster Zeit tatsächlich einen IZRS-Infostand als Ziel auswählen könnten», so der Extremismusexperte.
IZRS ergreift Sicherheitsmassnahmen
Ferah Ulucay vom IZRS sagt, man habe Kenntnis von diesen Drohungen, die durch die «islamophobe» Berichterstattung der «Basler Zeitung» provoziert worden seien. «Leider kommen solche Drohungen gegen den IZRS immer wieder vor, wir haben in mehreren Fällen schon Strafanzeige erstattet.» Diesen Schritt behalte man sich auch jetzt wieder vor. Am Samstag, 16. November, stellt der IZRS in Zürich und in St. Gallen Infostände auf. Daran halte man trotz der Drohungen fest, so Ulucay: «Wir lassen uns nicht einschüchtern. Aber natürlich ergreifen wir Sicherheitsmassnahmen, um unsere Leute zu schützen.» Auch Basel will der IZRS bald wieder präsent sein: Am 6. Dezember soll dort wieder ein Infostand stehen.
Unbehagen bereitet der Wirbel um den IZRS den gemässigten Muslimen: Die Basler Muslim Kommission schreibt in einer Mitteilung vom Donnerstag, der Islam sei «eine Religion des Friedens». Jeder sei zu einem Kennenlernen auf einen Tee in eine Basler Moschee eingeladen.