Laden Sie die Glatzen wieder aufs Rütli ein?
Von Thomas Ley
«Ich hoffe, dass auch die Rechtsextremen zu uns kommen», sagte die Rütli-Chefin Annemarie Huber-Hotz – und muss sich jetzt heftig verteidigen.
Blick: Frau Huber, Sie haben die Rechtsextremen aufs Rütli eingeladen – und am Sonntag sind sie gekommen. Zufrieden?
Annemarie Huber-Hotz: Nein, aber aus zwei Gründen: Erstens habe ich die Rechtsextremen nicht eingeladen. Sondern deutlich gesagt, dass sie, wie alle Schweizerinnen und Schweizer, auf dem Rütli willkommen sind – wenn sie sich an Rechtsordnung, demokratische Spielregeln und die Grundwerte unseres Staates halten.
An welche Grundwerte denn?
An Werte wie Gewaltlosigkeit und Meinungsfreiheit. Aber ihr Aufmarsch heute zeigt ja, dass sie sich nicht einmal an die Hausordnung halten. Das ist der zweite Grund, weshalb ich unzufrieden bin.
Was haben die Rechtsextremen denn missachtet?
Wer aufs Rütli kommen möchte, muss sich zwei Monate vorher eine Bewilligung holen. Und das haben sie nicht getan. Zum Vergleich: Die Pfadfinder, die heute ebenfalls dort waren, haben korrekt bei uns angefragt.
Aber ist das alles ein Wunder? Wenn Rechtsextreme sich an demokratische Regeln halten würden, wären sie ja keine Rechtsextremen mehr.
Derzeit ist zumindest noch nicht bewiesen, dass sie sich an die Ordnung halten können. Uns allen steckt ja noch in den Knochen, wie sie damals Bundesrat Samuel Schmid ausgebuht haben.
Trotzdem wollen Sie sie aufs Rütli lassen?
Als Liberale möchte ich auch Rechtsextremen zumindest Meinungsfreiheit zugestehen können.
Ihre Kritiker finden das naiv.
Und damit haben sie wohl recht. Leider haben die Rechtsextremen auch dieses Jahr wieder gemacht, was sie wollten. Und darum fehlt meiner spontanen liberalen Aussage leider immer noch die Grundlage.
Konkret heisst das: Das Ticketing-System wird auch nächstes Jahr aufrechterhalten?
Wir würden gern damit aufhören. Das würde uns Geld und Arbeit sparen. Aber derzeit sieht es so aus, als bliebe es beim Wunsch.
Wann wissen wir es?
Wir werden uns nächstens mit den Sicherheitskräften zusammensetzen und deren Erfahrungen von diesem Jahr analysieren. Dann werden wir darüber entscheiden.
Kaum jemand verfolgte die Kundgebung.
200 bis 300 Rechtsextreme versammelten sich gestern auf dem Rütli.
Aufmarsch der Glatzen gestern Sonntag auf dem Rütli. Empfangen wurden die 200 bis 300 Rechtsextremen am frühen Nachmittag in Brunnen SZ von einem Grossaufgebot von Polizisten. Ein Entlastungsschiff brachte sie zum anderen Seeufer. 20 Minuten später folgte das Kursschiff.
Auf dem Rütli blieben die Rechten recht einsam unter sich. Einzige Zaungäste der Feier mit den altbekannten Schimpftiraden gegen Medien und Bundesrat Schmid waren Urner Polizisten mit Feldstechern.
Anlässe mit mehr als 50 Personen auf der Rütli-Wiese sind bewilligungspflichtig – und politische Kundgebungen werden nicht toleriert. Die Glatzen kümmerte diese Hausordnung der «heiligen Wiese» – wie sie sie nennen – nicht. Und die Urner Polizei liess sie gewähren.
Weniger tolerant zeigte sich die Schwyzer Polizei. Als sich die Rechtsextremen auf dem Rückweg in Brunnen bei der Schifflände versammeln wollten, traten unvermittelt zwei Trupps Polizisten in Kampfmontur auf. Sie wiesen ihnen unmissverständlich den direkten Weg zum Bahnhof.