Aargauer Zeitung vom 30.08.2009
Wie sich Kampfsportschulen vor Schlägertypen schützen
Maja Sommerhalder
«Schon wieder werden Kampfsportler in ein schlechtes Licht gerückt. Ich habe andere Erfahrungen gemacht», sagt Kampfsportlehrer Marius Maissen. Im Fight Gym in Aarau bringt er unter anderem seinen Schülern das Thaiboxen bei – eine der härtesten Kampfsportarten überhaupt.
Laut einer Studie des kriminologischen Institutes der Uni Zürich soll fast jeder zweite Jugendliche, der einen Kampfsport ausübt, gewalttätig werden. Maissen, der selbst Kriminologie studierte, zweifelt daran: «Viele Jugendliche brüsten sich damit, dass sie Kampfsport machen. Dabei haben sie vielleicht in einem Grundkurs ein paar Schläge gelernt.» Er bestätigt aber, dass es schwarze Schafe unter den Kampfsportschulen gibt: «Man hat wenig Kontrolle bei so vielen Angeboten.» Dabei hätte der Trainer eine grosse Verantwortung: «Wie der Lehrer, so der Schüler.» Maissen selbst sucht sich seine Schüler genau aus: «Wenn jemand im ersten Training durch ein aggressives Verhalten auffällt, wird er ausgeschlossen.» Verdächtig seien auch junge Männer, die in Gruppen auftauchen: «Das ist oft ein Zeichen, dass sie pöbeln wollen.» Lieber ist ihm, wenn sich jemand alleine ins Training getraut. Etwa einen Interessenten pro Jahr muss er ablehnen. «Aarau ist klein. Meine Schüler wissen, dass ich es schnell erfahre, wenn sie sich auf der Strasse prügeln.» In den letzten sechs Jahren musste er nur einen Schüler aus dem Training ausschliessen: «Er hat sich nicht mal an einer Schlägerei beteiligt, sondern nur rumgepöbelt.»
Rocco Cipriano, mehrfacher Weltmeister im Kickboxen, gibt potenziellen Schlägern keine Chance: «Sie kommen gar nicht in meine Kickboxschule. Sie fühlen sich offensichtlich nicht wohl bei mir. Es gibt aber noch einen zweiten triftigen Grund: «Wer in meine Schule kommen will, muss mir eine schriftliche Vollmacht geben, dass ich bei der Polizei Informationen holen darf.» Bisher musste er die Polizei noch nie kontaktieren. «Diese Massnahme schreckt eben ab. Es gibt immer wieder Interessenten, die plötzlich nicht mehr wollen, wenn sie unterschreiben sollten.»
Ein Leumundszeugnis verlangt auch Michel Laubscher: «Aber nur, wenn jemand im Training durch ein aggressives Verhalten auffällt. Bisher war das nur zweimal nötig.» In seiner Rheinfelder Schule Budotown kann man unter anderem Thai- oder Kickboxen lernen. Auch er musste schon Schüler abweisen: «Im Fricktal gibt es viele Rechtsextreme. Sie haben bei mir keine Chance.» Doch auch mancher Ausländer hätte ein höheres Gewaltpotenzial: «In gewissen Kulturen ist die Hemmschwelle einfach niedriger.» Doch die wenigsten Kampfsportler seien gewaltbereit: «Ich war schon an vielen Wettkämpfen und habe noch nie eine Schlägerei ausserhalb des Ringes erlebt. Beim Fussball geht es ruppiger zu und her.»
Friedlich trainiert werde auch in der Kampfsportschule Baden Flex, wie Kickboxtrainer Manolito Steiner sagt: «Unsere Schüler machen keine Probleme. Sie können sich beim Sport austoben.» Trotzdem mussten auch hier schon Leute abgewiesen werden: «Pro Jahr sind es vielleicht fünf. Ein seriöser Trainer merkt schnell, wenn jemand die falsche Einstellung hat.»