Aargauer Zeitung.
Aufregung im Kanton Bern: Die Junge SVP hat wegen eines Wahlkampf-Flyers eine Strafanzeige am Hals. Auf dem Bild werden Fahrende mit Schmutz und Fäkalien in Verbindung gebracht.
Am 25. März wird im Kanton Bern ein neue Regierung und ein neuer «Grosser Rat» gewählt, wie das bernische Parlament heisst. Auch die Junge SVP (JSVP) des Kantons möchte Sitze im Grossen Rat erobern. Um ihre Kandidaten zu bewerben, greift sie zum Holzhammer: «JSVP-Kandidaten wählen – Transitplätze für Zigeuner verhindern» betitelte sie am Mittwoch eine Medienmitteilung.
Die Jungpartei versucht, damit Kapital zu schlagen aus dem Widerstand eines Teils der Bevölkerung in den Ortschaften Wileroltigen und Meinisberg, welcher sich gegen Transitplätze für Fahrende richtet. Das Dossier fällt in die Verantwortung des Berner Regierungsrats Christoph Neuhaus (SVP).
Bildsprache und Wortwahl des Flyers der JSVP zum Thema sind drastisch. Zu sehen ist ein klischiert dargestellter Schweizer mit Sennenkäppi und Weste, der sich die Nase zuhält angesichts von «Schmutz und Fäkalien», welche die JSVP mit Fahrenden in Verbindung bringt. Auch Lärm und Diebstahl werden genannt. «Wir sagen NEIN zu Transitplätzen für ausländische Zigeuner», so der Claim der Jungpartei.
«Wir wollen mit diesem Sujet die Bevölkerung für die Thematik der Standplätze für ausländische Zigeuner sensibilisieren», sagt JSVP-Co-Präsident Nils Fiechter gegenüber watson. Die JSVP sei die einzige Partei im Kanton, welche sich gegen «Millionenausgaben» für die Schaffung von Transitplätzen wehre.
Für den Jungsozialisten Dimitri Rougy, der wie JSVP-Co-Präsident Fiechter im Wahlkreis Oberland für den Grossen Rat kandidiert, zeigt die Aktion: «Die JSVP hat keine politischen Inhalte, weshalb sie gegen Minderheiten schiesst.»
Rougy hat Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Flyers eingereicht – wegen eines möglichen Verstosses gegen das Rassendiskrimierungsgesetz. Darauf stehen laut Rougy bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe.«Worte und Bildsprache der JSVP verbinden ganz offen Fahrende mit Fäkalien und mit Dreck», begründet Rougy die Anzeige. Das Plakat sei «grundrassistisch».
Die vom Jungsozialisten Rougy angekündigte Strafanzeige hält Fiechter für «lächerlich». Die Kampagne verletze keinerlei strafrechtliche Bestimmungen. Rougys Anzeige sei Ausdruck einer «übertriebenen Political Correctness».
Diesen Vorwurf weist wiederum Jungsozialist Rougy zurück: «Der Begriff Zigeuner ist in höchstem Masse verletzend und rassistisch.» Würde Fiechter die Geschichte ein wenig studieren, wäre ihm das klar.
Update: Auch der Verband Sinti und Roma Schweiz hat eine Strafanzeige wegen Verletzung der Rassismus-Strafnorm gegen die Junge SVP des Kantons Bern eingereicht. (cbe/mwa)