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Mitglieder der Stadtpolizei Zürich haben mehrfach an Workshops in Mecklenburg-Vorpommern teilgenommen. Der Mitorganisator hat einen zweifelhaften Hintergrund.
Linda Koponen
Hat die Stadtpolizei Zürich ein Problem mit Rechtsextremismus? Diese Frage kam im Mai auf, als die linke «WOZ» darüber berichtete, dass die Sondereinheit Skorpion an Workshops teilgenommen hatte, deren Mitorganisator Frank T. Kontakte zur rechtsextremen deutschen Preppergruppe Nordkreuz gehabt haben soll. Zwei Skorpion-Beamte sollen 2016 am selben Anlass auch einen eigenen Kurs angeboten haben.
Die Schiesstrainings fanden jeweils im Sommer auf dem Waffenplatz Bockhorst in Güstrow statt. Mitarbeitende der Zürcher Stadtpolizei nahmen seit 2013 daran teil. Der «Special Forces Workshop» der Firma Baltic Shooters, die Frank T. gehört, war als Wettkampf der internationalen Polizeielite konzipiert. Teilgenommen haben Sondereinsatzgruppen aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA.
Aus der Schweiz schickten neben der Stadtpolizei Zürich die Sondereinheiten Diamant (Kanton Zürich), Tigris (Fedpol), Basilisk (Basel-Stadt) und Luchs (Innerschweiz) Polizisten nach Norddeutschland. An den Anlässen wurden auch neue Produkte der Waffenindustrie präsentiert. Laut der «WOZ» war der bundeseigene Rüstungsbetrieb Ruag Stammgast in Güstrow.
Verbindungen zu rechtsextremen Preppern
2019 musste der Workshop jedoch wegen einer Razzia auf dem Waffenplatz abgesagt werden. Der Grund: Von der Schiessanlage führten Spuren zu rechtsgerichteten Preppern und ihrem illegalen Waffenlager. In Deutschland laufen bereits seit einigen Jahren Ermittlungen gegen die Gruppe Nordkreuz. Gegen zwei Mitglieder ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen Terrorverdacht. Beim Gründer der Gruppe soll die Polizei laut der «WOZ» 2017 und 2019 mehr als zwei Dutzend Waffen und rund 55 000 Schuss Munition sichergestellt haben.
Ein grosser Teil davon soll aus Polizei- und Bundeswehrbeständen stammen – von Dienststellen, die in den letzten Jahren Teams an den «Special Forces Workshop» schickten, an dem auch die Zürcher Stadtpolizei teilnahm. Recherchen der «taz» ergaben, dass Frank T., der Mitorganisator der Workshops, den Preppern Waffen und Munition verkauft haben soll.
Bis jetzt wird gegen Frank T. zwar nicht ermittelt. Das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern, das die Workshops mitorganisiert hat, hat die Zusammenarbeit mit ihm jedoch nach der Razzia beendet.
Polizei hatte keine Kenntnis
Die Geschichte warf im Zürcher Stadtparlament Fragen auf. Die beiden AL-Gemeinderätinnen Ezgi Akyol und Andrea Leitner Verhoeven haben beim Stadtrat eine Anfrage eingereicht, die nun von der Regierung beantwortet wurde. Darin wollten sie unter anderem wissen, wie die Vorkommnisse polizeiintern aufgearbeitet wurden.
In der Antwort des Stadtrates heisst es, man könne ausschliessen, dass Angehörige der Interventionseinheit der Stadtpolizei Kenntnis davon gehabt hätten, dass der Mitorganisator der Workshops Verbindungen zur Preppergruppe Nordkreuz hatte. Die Veranstaltung, an der Mitarbeitende der Stadtpolizei seit 2013 teilnahmen, laufe unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Inneres und Sport des Bundeslands Mecklenburg-Vorpommern. Der Ansprechpartner der Stadtpolizei sei das Spezialeinsatzkommando des Landeskriminalamts gewesen.
Hinweise auf rechtsextreme Strukturen oder Tendenzen innerhalb der Stadtpolizei gebe es nicht, hält die Regierung in ihrer Antwort fest. Bereits im Auswahlverfahren werde Wert darauf gelegt, dass keine Personen mit extremen Einstellungen – egal, welcher Art – eingestellt würden. Auch in der Aus- und Weiterbildung habe das Thema einen hohen Stellenwert.