Der Bund.
Rechtsextreme haben ein Banner mit Tyr-Rune an der Berner Kornhausbrücke angebracht. Die Polizei kontrollierte die Neonazis und liess sie danach laufen.
Neonazis der Gruppierung Junge Tat haben sich am frühen Morgen des 25. Juni an der Berner Kornhausbrücke abgeseilt, um ein etwa zwölf Meter langes Banner anzubringen. Als die Aktion noch in vollem Gang war, traf die Kantonspolizei ein. Es gab kein Entkommen, denn die Brücke führt in mehr als 40 Meter Höhe über die Aare. So konnte die Polizei vier Personen kontrollieren – unter ihnen den ehemaligen Chef der Winterthurer Eisenjugend.
Auf dem weissen Banner war ein nach oben gerichteter Pfeil aufgemalt, das Symbol der Jungen Tat, die sich als Jugendflügel der rechtsextremen Nationalen Aktionsfront (NAF) bezeichnet. Beim Pfeil handelt es sich um die sogenannte Tyr-Rune, angelehnt an den altnordischen Himmels- und Kriegsgott Tyr. Die Rune wurde im Dritten Reich unter anderem bei der Reichsführerschule der Sturmabteilung und als Leistungsabzeichen der Hitlerjugend benützt.
Gegen die Reitschule gerichtet
Die Aktion der Jungen Tat war eigentlich gegen die linke Berner Reitschule gerichtet. Linksextremisten hatten Mitte Mai ein Grüppchen der Jungen Tat verprügelt, als diese das Freilichtmuseum Ballenberg bei Brienz besuchen wollte. Das Banner war damit als Provokation an die Adresse der Antifa in der Reitschule gedacht. Allerdings ist das Zentrum der Berner Linksextremisten gut 600 Meter von der Kornhausbrücke entfernt. Offenbar hatten die Neonazis nicht den Mut, ihr Banner von der Lorrainebrücke aus zu entrollen, also praktisch gleich neben der Reitschule.
Obwohl die Polizei schnell auf der Kornhausbrücke eintraf, konnten die Neonazis ihren Coup vollenden. Selbst wenn das Banner mit der Tyr-Rune nur kurz sichtbar war, reichte dies aus, um Bilder davon in den sozialen Medien zu verbreiten und den Erfolg für sich zu reklamieren.
Strafbar haben sich die Neonazis nicht gemacht, wie die Kantonspolizei Bern auf Anfrage mitteilt. Man habe die Männer kontrolliert und danach laufen gelassen. Die Berufsfeuerwehr musste das Banner danach entfernen, wobei die entstandenen Kosten wahrscheinlich von den Neonazis zu tragen sind.
Hass auf Schwule und Schwarze
Das anschliessend von der Jungen Tat verbreitete Video der Aktion enthielt selbst keine Gewaltaufrufe. Prominent eingeblendet wurde aber ein Stichwort, das sich in der Szene in den letzten Wochen rasant verbreitet hat. Es ist eine Chiffre, die unter anderem auf Schwarze, Schwule und Transgender-Menschen abzielt.
Eine Internetsuche mit diesem Stichwort fördert auf einem bei Neonazis beliebten sozialen Medium zum Beispiel ein schon älteres amerikanisches Video zutage, in dem kurz auch drei vermummte Mitglieder der Jungen Tat zu sehen sind. Im Video heisst es auf Englisch, dass man im Moment noch friedlich sei, sich das aber schnell ändern könne. Dies sei eine Warnung. Danach werden verstörende Bilder von brutaler Gewalt gegen Muslime und Schwarze gezeigt sowie der Aufruf: «Vergast diese Juden.»
Schon früher hatte die Winterthurer Eisenjugend, die Vorläuferorganisation der Jungen Tat, gute Kontakte in die USA. Sie bezeichnete sich damals auch als Ableger der amerikanischen Neonazi-Gruppe Iron Youth.