Aargauer Zeitung. Trotz seines Holocaust-Vergleichs bleibt der Grünen-Politiker Patronatsmitglied im jüdisch-christlichen Verein.
Jonas Fricker, der nach seinem Auschwitz-Vergleich seinen Rücktritt als Nationalrat einreichte, darf Patronatsmitglied im jüdisch-christlichen Verein Doppeltür bleiben. Der Verein mit Sitz in den Gemeinden Endingen und Lengnau im Bezirk Zurzach teilte gestern Abend mit: «Der Vorstand des Vereins Doppeltür hat die Causa Fricker an seiner ordentlichen Sitzung diskutiert. Nach einer Aussprache mit ihm und der ganzheitlichen Beurteilung kommt der Vorstand zum Schluss, dass Jonas Fricker im Patronatskomitee verbleiben soll.» Endingen und Lengnau waren zwischen 1776 und 1866 die einzigen Ortschaften in der Schweiz, in denen Juden leben durften. Mit Doppeltüren wurde die Bestimmung umgangen, wonach Juden und Christen nicht beieinander wohnen sollten. Es entwickelte sich ein respektvolles Neben- und Miteinander – an dieses historische Erbe will der vor wenigen Jahren gegründete Verein unter anderem mit einem Besucherzentrum erinnern.
Fricker äussert sich
Auf Anfrage der AZ gab Jonas Fricker ein kurzes Statement ab: «Gerne trage ich weiterhin zum Gelingen des Projekts Doppeltüre und damit zur lebendigen Vermittlung des jüdisch-christlichen Zusammenlebens bei.» Lukas Keller, Präsident des Vereins Doppeltür, begründet die Entscheidung des Vorstandes folgendermassen: «Eine Delegation des Vorstandes hat Jonas Fricker zum Gespräch getroffen. Wir wollten wissen, wie er zu unserem Projekt steht. Und wir haben ihn noch einmal gefragt, wie es zu jenem inakzeptablen Vergleich kam. Wir stellten im Gespräch fest, dass keine antisemitische Haltung zur Person von Jonas Fricker gehört, sondern eher das Gegenteil davon.» Er habe einen engen Bezug zu Endingen und Lengnau, habe Freunde und Bekannte in den beiden Dörfern. Und er habe in dem Sinne einen Bezug zur jüdischen Geschichte, als dass er sich für Minderheiten einsetze, erklärte Lukas Keller weiter. «Wir hatten den Eindruck, dass es für ihn persönlich ein Verlust gewesen wäre, wenn er sich nicht mehr hätte für unsere Idee einsetzen dürfen.» Hoch gewichtet habe der Vorstand ebenso seine sofortige Entschuldigung im Nationalrat sowie gegenüber dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund. «Ausserdem wollten wir ein Zeichen des Respekts setzen, den jede Persönlichkeit verdient hat. Respekt zählt zu den wichtigen Werten, die unser Verein vermitteln will.»
Verhängnisvoller Vergleich
Der 40-jährige Grünen-Politiker aus Baden hatte Ende September in der Debatte um die «Fair-Food-Initiative» einen Vergleich von Schweinetransporten und Judendeportationen gemacht, den auch der Verein Doppeltür in seinem gestrigen Schreiben erneut als inakzeptabel bezeichnete. Fricker sagte wörtlich: «Als ich das letzte Mal so eine Dokumentation von Transporten von Schweinen gesehen habe, sind mir unweigerlich die Bilder der Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film ‹Schindlers Liste› hochgekommen. Die Menschen, die dort deportiert wurden, hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine fahren in den sicheren Tod.»