«Gar kein Platz ist die richtige Lösung»

Der Bund. Wileroltigen will keinen Transitplatz für Fahrende. Dem Dorf deshalb Rassismus vorzuwerfen, sei nicht fair, sagt Grossrat Daniel Schwaar – und unterstreicht handkehrum die Abwehrhaltung des Dorfes gegen Fahrende.

Statt mit der geplanten Grossdemo gegen den Transitplatz beginnt die Woche für Wileroltigen mit dem vertrauten ländlichen Alltag. Bedauern Sie, dass der grosse «Paukenschlag» abgesagt werden musste?

Weil sich das ganze Dorf gegen den Transitplatz engagiert, war die Absage ein sehr schwieriger Entscheid. Und ein bedauerlicher, denn im Grunde wollten wir bloss vom Recht Gebrauch machen, unsere Haltung zum Ausdruck zu bringen. Weil aber sowohl Extremisten von ganz rechts wie ganz links Interesse an unserem Anlass zeigten, wäre es kaum ein gefreuter Abend geworden.

Was bleibt zurück?

Einerseits ist die Dorfbevölkerung näher zusammengerückt und hat viel Solidarität erfahren. Anderseits ist es bedrückend zu merken, dass viele Wileroltigen nun mit Rassismus gleichsetzen oder gar von einem Hort der Neonazis sprechen. Das ist nicht fair. So ist es nicht.

Sondern?

Wir stellen uns gegen konkrete Pläne für einen definitiven Transitplatz in Wileroltigen, weil wir drei Jahre in Folge die negativen Auswirkungen eines solchen Platzes erfahren haben.

Die dezidierte Kritik an den Plänen ist das eine. Aber das Engagement in Wileroltigen richtet sich auch pauschal «gegen Fahrende». Das lässt sich leicht als rassistisch deuten.

Wir haben den Begriff «Zigeuner» bewusst vermieden, weil wir keine Menschen verletzen wollten. Aber letztlich trifft es zu: Wir wollen den Platz nicht – und wir wollen auch die ausländischen Fahrenden nicht in Wileroltigen.

Schweizerische Fahrende beklagen, diese grobe Verallgemeinerung löse nur neuen Groll gegen Fahrende ganz allgemein aus.

Wir wehren uns – auch weiterhin – gegen den Transitplatz Wileroltigen, der explizit für ausländische Fahrende gedacht ist. Wenn wir Kritik an Fahrenden üben, dann meinen wir in der aktuellen Situation immer: ausländische Fahrende.

Heisst das im Umkehrschluss, dass ein Halteoder Standplatz für fahrende Jenische und Sinti mit Wurzeln in der Schweiz in Wileroltigen durchaus denkbar wäre? Auch für sie werden neue Plätze gesucht.

Nach heutigem Stand und nach den Erfahrungen und Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate lautet die Antwort wohl nein. Nein, wir wollen generell keinen festen Platz für Fahrende.

Eine solch dezidierte Abwehrhaltung nährt den Rassismusvorwurf, den Sie zu entkräften versuchen.

Nein, denn zunächst man muss sich fragen, warum wir in Wileroltiger diese ausgeprägte Abwehrhaltung entwickelt haben. Wir waren zu lange mit fahrenden Gruppen konfrontiert, die sich nicht an die Regeln hielten und in verschiedener Hinsicht das Mass des Tolerierbaren überschritten. Nicht alle verhielten sich unkorrekt, aber zu viele.

Andernorts zeigt sich: Illegale Transitplätze sorgen für Ärger, offizielle Transitplätze aber sind recht leicht zu führen und tragen zur Entspannung bei. Ein gutes Argument für reguläre, geordnete Transitplätze?

Das glaube ich nicht. Behörden und Polizei loben zwar derzeit die Erfahrungen mit dem neuen, offiziellen Transitplatz an der A 12 im freiburgischen La Jouxdes-Ponts. Aber auf uns wirkt das bloss wie eine Parole: Man will uns nur einen definitiven Transitplatz in Wileroltigen schmackhaft machen. Angesichts der grossen kulturellen Unterschiede glaube ich nicht, dass Transitplätze grundsätzlich funktionieren können.

Wie lautet denn die Lösung?


Für uns in Wileroltigen ist gar kein Platz die richtige Lösung.

Damit wiederholt sich doch nur der alljährliche Ärger. Vielleicht bereits nächstes Jahr wieder in Wileroltigen. Vielleicht halt anderswo.

Ich kann einfach nicht glauben, dass ein offizieller, regulärer Transitplatz irgendetwas verbessert. Er würde nur die Sogwirkung vergrössern. In der Folge könnte das sogar heissen, dass auch der Ruf nach Selbstjustiz noch lauter würde.

Aufforderungen zu Selbstjustiz gab es schon diesmal, auf den von Wileroltigen bewirtschafteten Kanälen in den sozialen Medien. Vermutlich ist das auch der eigentliche Ursprung des Rassismusvorwurfs?

Als Protestbewegung muss man informieren, mobilisieren. Anders geht es gar nicht. Aber eine unserer Lehren ist in der Tat: Mit einer Facebook-Seite wird man rasch zu einem Magneten für sehr komisches Gedankengut. Man gibt letztlich die Zügel aus der Hand und schafft ein Gefäss für sehr spezielle Kommentare.

Sie waren nicht speziell: Sie waren unerträglich, erschreckend.

Ja. Sie haben sich zum Teil auch gegen uns persönlich und gegen unsere klare Devise «kein Rassismus und keine Gewalt» gerichtet.