St. Galler Tagblatt. Die Rassismusvorwürfe gegen ein Restaurant in Bazenheid sorgen für Aufsehen. Jeder Wirt könne selbst entscheiden, wen er bewirten will und wen nicht, schreiben User. Nicht ganz, sagt die Rechtsexpertin.
Im Restaurant Traube in Bazenheid sollen sich die Betreiber geweigert haben, dunkelhäutige Asylsuchende zu bewirten. Die Kantonspolizei St.Gallen hat daraufhin eine Untersuchung eingeleitet. Der Fall löste in den sozialen Medien Diskussionen aus. Eine Gruppe von Nutzern sieht das Problem nicht: Jeder Wirt habe ein Hausrecht und könne deshalb Personen den Zutritt in sein Wirtshaus verwehren, ohne eine Erklärung abzugeben, schreibt ein User auf Facebook. Ein anderer doppelt nach: In einen Club werde man auch nicht eingelassen, wenn man dem Türsteher nicht genehm sei. Die Schweiz sei ein freies Land, schreibt ein Dritter, im eigenen Geschäft könne man handeln, wie man wolle. Ein anderer Benutzer hält dem entgegen, der Staat befolge lediglich die Rassismusnorm.
Wie aber ist die Rechtslage? Hat ein Wirt tatsächlich das Recht, nur jene Leute in seinem Restaurant zu bedienen, die ihm passen? Theoretisch ja. Denn auch für Wirtsleute gilt die Vertragsfreiheit. «Zu dieser gehört auch die freie Wahl der Vertragspartner – in diesem Fall die Gäste», sagt Alma Wiecken, Juristin bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. «Die Vertragsfreiheit ist aber nicht absolut. Sie wird von verschiedenen Normen eingeschränkt.»
Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
Eine dieser Normen ist jene gegen Rassismus (Artikel 261 des Strafgesetzbuches). Ihr fünfter Absatz besagt: Wer eine Dienstleistung, die für die Öffentlichkeit bestimmt ist, einer Person wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion verweigert, hat mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldbusse zu rechnen. «Ein Wirt kann also nur entscheiden, wen er in seinem Lokal bedienen möchte, solange er nicht gegen das Strafrecht verstösst.» Bei einem Verstoss gegen das Strafrecht sind Polizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet, den Fall zu untersuchen, sobald sie davon Kenntnis haben. Aus diesem Grund hat die Kantonspolizei St.Gallen eine Untersuchung in der «Traube» in Bazenheid eingeleitet (Ausgabe von gestern).
Es ist nicht das erste Mal, dass in der Ostschweiz Untersuchungen gegen Wirtsleute wegen eines Verstosses gegen die Rassismusnorm durchgeführt werden. Vor acht Jahren wurde gegen den Geschäftsführer eines St.Galler Pubs ein Strafverfahren eröffnet, weil er in einem Radiointerview gesagt hatte: «Wir lassen einfach auch grundsätzlich Albaner, nicht bös gemeint, Jugoslawen und Schwarze nicht rein in den Laden.» Ihm konnte allerdings nicht nachgewiesen werden, dass er diesen Gruppen auch den Eintritt in seine Bar verweigert hatte. Verurteilt wurde er wegen Herabsetzung und Diskriminierung zu einer Geldstrafe und einer Busse in Gesamthöhe von insgesamt 3800 Franken.
Fussballer den Eintritt verwehrt
Vorwürfe wegen rassistischer Diskriminierung hat es in der Stadt St.Gallen auch immer wieder gegen die Seeger-Bar gegeben. Im Jahr 2000 wurde gemäss der Aussage einer «Tagblatt»-Leserin einem Dunkelhäutigen der Einlass in die Bar verwehrt. «Er solle verschwinden, man sei hier nicht in Afrika», soll ihm der Türsteher gesagt haben. Aufsehen erregte ausserdem, dass ausgerechnet der Fussballer Charles Amoah zusammen mit seinen Freunden nicht in den Club gelassen wurde. Der Türsteher habe auf den idealen Gästemix zu achten, rechtfertigte sich der Geschäftsführer damals. Sieben Jahre später gab es in derselben Bar einen weiteren Vorfall dieser Art. «Das nächste Mal kommt ihr nicht mehr rein, dazu seid ihr etwas zu schwarz», soll ein Türsteher damals zu einer Gruppe gesagt haben, in der sich zwei Dunkelhäutige befanden.
Walter Tobler, Präsident von Gastro-St.Gallen, Kantonalverband für Hotellerie und Restauration, warnt davor, die Gastronomie-Branche wegen des Vorfalls in Bazenheid in ein schlechtes Licht zu stellen. Beim Ereignis in der «Traube» gehe es nicht darum, was ein Wirt dürfe und was nicht. «Wer Schwarze nicht bewirtet, weil sie schwarz sind, ist ein Rassist. Darüber müssen wir nicht diskutieren.» Die Branche insgesamt sei seit jeher auf Ausländer angewiesen – als Kunden und als Arbeitskräfte.
Wegen möglichem Rassismus in der «Traube» in Bazenheid hat die Kantonspolizei St.Gallen eine Untersuchung eingeleitet.