Südostschweiz: Der SVP-Vordenker kämpft mit Unterstützung der Schweizer Demokraten gegen ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU. Eine heikle Allianz.
Seit er als Nationalrat zurückgetreten ist, widmet Christoph Blocher einen Grossteil seiner Zeit dem Komitee gegen «den schleichenden EU-Beitritt», dem Kampf gegen ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU. Über 100 Organisationen und Tausende Einzelmitglieder sollen bereits dabei sein. Die Liste der Mitglieder hält der SVP-Vordenker aber bis heute unter Verschluss. Offenbar nicht ohne Grund.
Wie Recherchen der «Südostschweiz» zeigen, ist die Rechtsaussen-Partei Schweizer Demokraten (SD) seit der Gründung des Komitees im Herbst 2013 mit von Partie. Christoph Spiess, Co-Präsident der SD, sagt auf Anfrage, die Partei sei nach der Vereinsgründung schriftlich zu einem Treffen mit Blocher im Hotel «Schweizerhof» gegenüber dem Zürcher Hauptbahnhof eingeladen worden. Im Seminarraum seien Vertreter von circa 40 Gruppierungen anwesend gewesen. Blochers Referat habe ihn überzeugt, wenig später sei die SD auf sein Anraten beigetreten. «Um unsere Unterstützung zu signalisieren», so Spiess. Eine heikle Mitgliedschaft.
«Neger», «weisses Zürich»
Offiziell distanzieren sich die Schweizer Demokraten von der rechtsextremen Szene. Dennoch verwendete die Partei in jüngerer Vergangenheit in Wahlunterlagen Begriffe wie «Neger», forderte «ein schweizerisch geprägtes, weisses Zürich» oder «bessere Schulen für Schweizer Kinder». Mehr als einmal machten SD-Vertreter mit rassistischen Entgleisungen von sich reden. Ein Berner Nationalratskandidat musste sich 2011 zurückziehen, nachdem ein Foto von ihm an die Medien gelangte, das ihn beim Hitlergruss zeigte.
Angesprochen auf die Mitgliedschaft der Schweizer Demokraten, sagt der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi, Vorstandsmitglied von Blochers Komitee: «Bei uns kann jede Privatperson, jeder Verband und jeder Verein Mitglied werden.» Es handle sich um ein reines Zweckbündnis. «Mit den Schweizer Demokraten teilen wir die Sichtweise, dass wir beide um jeden Preis ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU verhindern wollen. Bei anderen politischen Fragen haben wir jedoch ganz andere Ansichten.»
Startschuss am Freitag
Christoph Blocher hat für kommenden Freitag in Bern zu einer Pressekonferenz geladen. Der Parteivordenker und seine Mitstreiter rechnen fest damit, dass der Bundesrat «in den nächsten Wochen oder Monaten» das Verhandlungsresultat aus den Gesprächen mit der EU über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative vorlegen wird – in Verknüpfung mit dem gefürchteten Rahmenabkommen. «Die EU wird eine Verhandlungslösung bei der Personenfreizügigkeit davon abhängig machen, ob die Schweiz auch dem Abkommen zustimmt», sagt Nationalrat Thomas Aeschi.
Die EU fordert seit Langem, dass die Schweiz neues EU-Recht, welches die bilateralen Verträge betrifft, künftig dynamisch übernimmt. Besonders umstritten: In Auslegungsfragen soll der EU-Gerichtshof eine zentrale Rolle spielen. Der Bundesrat ist im Grundsatz einverstanden und gab im Herbst 2013 grünes Licht für Verhandlungen.
SVP-Nationalrat Aeschi sagt, das Komitee «gegen den schleichenden EU-Beitritt» habe «einzig und allein» den Zweck, ein institutionelles Rahmenabkommen zu verhindern und die Bevölkerung im Hinblick auf einen wahrscheinlichen Urnengang zu sensibilisieren.
«Nach der Abstimmung wird der Verein wieder aufgelöst.» Die Skepsis gegenüber dem Abkommen ist auch unter anderen Parteien gross. Doch nach anfänglichen Zusagen wollten Parlamentarier aus CVP und FDP Blochers Komitee nicht beitreten.