Blick.ch: UNTERWASSER SG – «Ich leite Giftgas in jüdische Siedlungen», rappten rechte Bands am umstrittenen Konzert im Toggenburg. Doch laut Polizei lief alles gesittet ab – ausserdem hätte man die Songtexte nicht verstanden.
Es war eines der grössten Neonazi-Konzerte im europäischen Raum: Am Samstag trafen sich rund 6000 Rechtsorientierte in Unterwasser SG. Die St.Galler Kantonspolizei wusste davon – sah aber keinen Grund einzugreifen.
Polizei wusste vorher vom Konzert
Zwar war der Standort der rechtsradikalen Veranstaltung lange unbekannt, dass jedoch ein Event stattfinden wird, davon hatten die Behörden Kenntnis. «Wir wussten nur, dass das Konzert im ‹süddeutschen Raum› stattfinden wird», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen zu BLICK. «Wir vermuteten jedoch, dass damit auch die Schweiz gemeint sein könnte.»
Erst am Samstag wurde die Polizei durch den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) über den genauen Standort in Unterwasser informiert. Gegen 15.30 Uhr waren die Behörden im Bilde, mehrere Patrouillen rückten aus.
«Ruhe, Ordnung und Sicherheit waren gewährleistet»
Die Polizei kontrollierte die Besucher und Fahrzeuge auf der Zufahrtsstrasse auf allfälligen Waffenbesitz und ausgeschriebene Personen «im Rahmen der personellen Möglichkeiten». Doch die Polizisten fanden nichts Verdächtiges.
Die Veranstalter und Besucher achteten offenbar auch darauf keine Nazi-Symbole oder Hakenkreuze auf sich zu tragen. «Aus polizeilicher Sicht waren Ruhe, Ordnung und Sicherheit gewährleistet», sagt Rezzoli. «Vom Verkehrsdienst, über die Abfallentsorgung, bis zum Sicherheitsdispositiv hatte der Veranstalter alles mustergültig organisiert.»
«Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen, die jüdisch sind»
Doch was war mit rassistischen Parolen der Nazi-Bands in der Halle? Der Künstler MaKss Damage rappt beispielsweise «Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen, die jüdisch sind» und propagiert «Ein Mann lebt sein Leben für das Reich.» Stahlgewitter singt «Heil dir, heil dir Germania» und Sätze wie: «Wir brauchen sie wieder, das ist kein Witz, die Jungs in Schwarz mit dem doppelten Blitz.»
Die Antwort der Polizei erstaunt: «Der Einsatzleiter war mehrere Male in der Halle – der Wortlaut der Songtexte war schlichtweg nicht zu verstehen», sagt der Mediensprecher. «Es wurde dementsprechend keine Zuwiderhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm festgestellt.»
Für die Polizei hat sich das Thema erledigt
So habe kein Grund existiert, bei der Veranstaltung einzugreifen. «Es muss auch immer polizeitaktisch Sinn machen, das Risiko einzugehen, eine solche Grossveranstaltung zu unterbrechen», sagt Rezzoli.
«Der Veranstalter hatte das Gastgewerbepatent der Gemeinde und hielt sich an die Regeln», sagt der Mediensprecher. «Für uns hat sich die Angelegenheit dementsprechend erledigt.» (kra)
Publiziert am 17.10.2016 | Aktualisiert vor 1 Minuten