Südostschweiz: Folgt nach dem Neonazi-Aufmarsch im Toggenburg ein Aufmarsch der Rechten in der Region? Die extrem rechte Partei Pnos veranstaltet am Samstag ein Konzert mit der als rechtsradikal bekannten deutschen Band Flak. Zudem feiert sie die Gründung von fünf Ostschweizer Sektionen – darunter auch die von Glarus.
Die auf Flyern und auf Facebook angekündigte Gründungsfeier der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) von fünf Ostschweizer Sektionen soll irgendwo vor den Toren des Glarnerlandes stattfinden. In der Umgebung von Rapperswil-Jona.
«Melde dich unter der Telefonnummer 078 …», heisst es auf Facebook, «und du bekommst den genauen Veranstaltungsort am Samstagmorgen mitgeteilt.» Am Samstagmorgen.
Warum so geheimnisvoll? Parteipräsident Dominic Lüthard war für die Beantwortung dieser Frage gestern auf dem Handy nicht erreichbar.
So geheim der Veranstaltungsort auch ist, so offen ist der Name der Band, die an der Feier auftreten soll: Zu Gast ist demnach die deutsche Rechtsrock-Gruppe Flak aus dem Rheinland. Mit nach eigenen Angaben «vorwiegend deutschsprachiger Rockmusik der neusten Generation über Heimatliebe, Freundschaft, Leidenschaft, Treue und Gesellschaftskritik». Die Texte haben laut Szenekennern eindeutig rechtsextremes Gedankengut.
Der Flyer der Veranstaltung zeigt die Kantonswappen von St. Gallen, Graubünden, Schaffhausen, Appenzell und – ganz zuoberst – Glarus. Als Redner sind Präsident Dominic Lüthard und ein gewisser Florian Gerber angekündigt. Droht bei der Veranstaltung ein Aufmarsch der Rechten – auch aus dem Glarnerland?
Rechte Szene sorgte im Glarnerland für Schlagzeilen
In der Vergangenheit sorgte die rechte Szene im Glarnerland immer wieder für Schlagzeilen. Im Kulturzentrum «Holästei» gaben 2005 rechtsradikale Bands ein Konzert – vor etwa 300 Personen aus dem In- und Ausland. Die Veranstalter hatten gegenüber der Zentrumsleitung falsche Angaben über den Anlass gemacht. Genau wie aktuell in Unterwasser.
2007 überfällt eine Gruppe von rund 30 Rechtsextremen – vermummt mit Brillen, Kappen und Schals – im Volksgarten mehrere Leute auf einer bewilligten Kundgebung der Juso Glarnerland.
Und auch Ende Januar 2010 zieht die Szene im Glarnerland abermals die Aufmerksamkeit auf sich: mit dem Übergriff auf einen 20-Jährigen am Schwandner Lismerball. 2013 verhaftet die Polizei weiter einen 39-jährigen Glarner wegen rassistischer Äusserungen. Auf Twitter verflucht er Schwarze und Juden, verherrlicht Hitler und schreibt regelmässig den Satz «Sieg Heil» auf seinem Account. Sein Symbolbild ist ein Hakenkreuz.
Im selben Jahr tauchen an mehreren Orten in Glarus Graffitis mit nationalsozialistischen Botschaften auf, beispielsweise rund um das Bahnhofsareal.
Gedenkmarsch der Pnos nach der Näfelser Fahrt
Zwei Tage nach der diesjährigen Näfelser Fahrt, am Samstag, 9. April, findet zudem ein Gedenkmarsch der Pnos zur Schlacht von Näfels statt. Rund 40 Personen folgen der Einladung. «Um 20.30 Uhr entzündeten wir unsere Fackeln und marschierten anschliessend in Zweierkolonne Richtung Denkmal los», schreibt die Pnos auf ihrer Parteiseite im Nachbericht. Es folgten die Begrüssung, eine Rede und eine Gedenkminute. «Danach war das Ganze auch schon wieder vorbei», heisst es bei der Pnos weiter. «Einige Kameraden folgten der Einladung der Kameradschaft Heimattreu und verbrachten mit ihnen noch einen gemütlichen Abend.»
Grillabend mit der Kameradschaft Heimattreu
Die Kameradschaft Heimattreu (KHT) ist laut der antifaschistischen Aktion eine relativ junge Gruppierung, deren Mitglieder vorwiegend aus der Innerschweiz stammen. «Gegründet im Jahr 2013, fielen sie vorerst hauptsächlich durch Facebook-Aktivismus und stark übersteigerten Nationalismus auf.» Um Mitglieder zu gewinnen, habe, so die antifaschistische Aktion, die KHT 2013 einen «nationalen Grillabend» in der Nähe von Pfäffikon SZ organisiert. «Bald darauf folgte ein weiteres Treffen, bei dem unter anderem zwei bekannte Neonazis aus dem Umfeld der Legion Werwolf, einer rechtsradikalen Vereinigung, teilnahmen.» Einer von ihnen, Jonas Schneeberger, habe 2011 seine Kandidatur für den Nationalrat zurückziehen müssen, da ein Foto auftauchte, welches ihn mit zum Hitlergruss erhobenem Arm vor dem ehemaligen KZ Buchenwald zeigte. Die KHT lobt ausserdem 2014 auf Facebook die Tötung eines Vergewaltigers und ruft zu Selbstjustiz auf.
Obwohl offenbar Verbindungen von Glarnern zur rechten Szene bestehen, gibt die Kantonspolizei vorerst Entwarnung: «Nach heutigem Kenntnisstand» könne man im Kanton Glarus «nicht von einer eigentlichen Szene sprechen», sagt Alfred Schmid, stellvertretender Chef der Kriminalpolizei und Chef Fahndung/Ermittlung. Einzelne Personen würden dem rechten Spektrum zugeordnet. «Mit diesen hatte sich die Kantonspolizei Glarus jedoch seit Längerem nicht mehr zu befassen.»
Das Konzert in Unterwasser hat ein juristisches Nachspiel
Nicht bekannt ist der Kantonspolizei Glarus, ob am Treffen im Toggenburg vom vergangenen Wochenende auch Glarner teilgenommen haben.
Das Rechtsrock-Konzert in Unterwasser mit 5000 Besuchern hat ein juristisches Nachspiel. Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) zeigt die Veranstalter und die Bands wegen Rassismus an. Die Anzeige wegen Rassismus gemäss Artikel 261 des Strafgesetzbuchs sei laut einer Medienmitteilung der SDA von gestern bei der St. Galler Staatsanwaltschaft eingereicht worden. Sie rich- tet sich gegen die Schweizer Band «Amok», die deutschen Gruppen «Stahlgewitter», «Confident of Victory», «Excess» und «Frontalkraft», die in Unterwasser auftraten. Ausserdem gegen die Organisatoren des Konzerts.