Aargauer Zeitung: Am Montag trat der umstrittene französische Komiker Dieudonné im Theater de Marens in Nyon auf. Wie erwartet zeigte er dabei die «Quenelle» (siehe Box unten), auch bekannt als umgekehrter Hitlergruss. Olivier Mayor, Kulturverantwortlicher von Nyon, nimmt Stellung.
Herr Mayor, wie sieht Ihre Bilanz nach dem ersten Auftritt von Dieudonné im Theater de Marens aus?
Olivier Mayor: · Er kennt die rechtlichen Grenzen sehr gut und spielt damit. Ich persönlich heisse sein Verhalten nicht gut. Aber im Moment verstösst die «Quenelle» nicht gegen die Rassismus-Strafnorm. Wenn er während der nächsten Vorstellungen einen Verstoss begeht, werden wir aber nicht zögern, ihn anzuzeigen. Das ist unsere Pflicht.
Rechnen Sie mit einem Verstoss?
Ich bin überzeugt, dass er keine Grenzen überschreiten wird. Damit würde er seinen eigenen Interessen schaden. Er will vor allem eines: dass man über ihn spricht. Für Dieudonné wäre es das Schlimmste, wenn die Medien ihn, seine Kunst und seinen widerlichen Humor ignorieren würden.
Sie halten offensichtlich sehr wenig von ihm.
Das Problem sind nicht primär die hasserfüllten Auftritte Dieudonnés, sondern der lockere Umgang der Jugend mit dem Antisemitismus. Diese Generation ist sich der historischen Zusammenhänge nicht bewusst.
Warum haben Sie seine Auftritte nicht von Anfang verboten?
Die Stadt Nyon darf das Recht auf freie Meinungsäusserung nicht beschneiden, solange er gegen kein Gesetz verstösst. Wenn wir Dieudonné daran hindern aufzutreten, wird das Problem nicht verschwinden. Er wird auf das Internet ausweichen, wie er es schon früher getan hat, und noch bekannter werden. Es ist besser, ihn seine Arbeit machen zu lassen, auch wenn er einen geschmacklosen Humor hat.
Die «Quenelle»
Das Wort «Quenelle» stammt aus dem Französischen und beschreibt den «umgekehrten Hitlergruss». Der französische Komiker Dieudonné M’Bala M’Bala benutzte die Geste erstmals im Jahr 2005. Dieudonné versteht die «Quenelle» als Symbol «gegen das System». Die Handbewegung ist seither unter Rechtsextremen und Anti-Semiten populär geworden.