Berner Zeitung: Urnenwahl Weil im zerstrittenen Gemeinderat keiner mehr mitarbeiten wollte, kommt es in Walkringen zu einer Jekami-Wahl. Ein einstiger Vertreter der rechtsextremen Pnos hat gute Karten.
Jekami: Am Wochenende führt Walkringen Urnenwahlen nach dem Prinzip «Jeder kann mitmachen» durch. Nötig geworden sind sie nach dem grossen Streit in Behörden und Verwaltung. Freie Sitze im Gemeinderat würden eigentlich auch in Walkringen nach dem bei Proporzwahlen üblichen Verfahren neu besetzt: Zuerst rutschen jene Parteikollegen nach, die beim letzten Wahltermin auf den Ersatzplätzen gelandet sind. Sind keine solchen Ersatzleute vorhanden, darf die Partei nach eigenem Gutdünken eine Person nominieren.
In Walkringen, wo mit Vreni Schneider (SP) und Susanne Eichenberger (Freie Wähler) gleich zwei Gemeinderätinnen den Bettel hingeschmissen haben, ist alles anders. Ersatzleute gab es gar keine, da vor drei Jahren die Wahlen still über die Bühne gegangen sind. Die beiden Parteien schafften es auch nicht, innerhalb der Fristen neue Leute für den Gemeinderat zu begeistern. Zu schlecht beurteilten die potenziellen Interessenten die Stimmung im Gremium.
Deshalb kommt es nun in Walkringen zum Wahlgang nach dem Prinzip Jekami. Wer an die Urne geht, darf auf die beiden leeren Linien des Wahlzettels jeden und jede der rund 1450 Wahlberechtigten schreiben. Gewählt sind die zwei Personen mit den meisten Stimmen – ein alles andere als alltäglicher Vorgang.
Von der Pnos zur SVP
Trotzdem, ganz zum Blindflug werden die Wahlen nun doch nicht. Inzwischen hat sich nämlich die SVP eingeschaltet und zwei Kandidaten nominiert. Die stärkste politische Kraft im Dorf kann zwar auch nur die Empfehlung abgeben, die beiden auf dem Wahlzettel aufzuführen. Mit ihrem Vorgehen lenkt sie die Aufmerksamkeit aber immerhin auf zwei interessierte Personen. Damit verhindert sie ein Zufallsresultat mit ungewissem Ausgang: Weil Walkringen keinen Amtszwang kennt, kann eine Wahl wider Willen ohne weiteres ausgeschlagen werden.
Konkret portiert die SVP den 61-jährigen Hanspeter Aeschlimann, der als Inhaber des Töffgeschäfts Jutzi Motosport ein typischer Vertreter des Gewerbes ist. Ihm zur Seite stellt sie den 26-jährigen angehenden Lebensmitteltechnologen Christoph Fankhauser – und löst Stirnrunzeln aus. Zwar hat Fankhauser in der Kommission für öffentliche Sicherheit schon seit vier Jahren einen Sitz der SVP inne, und heute ist er auch offizielles Parteimitglied. Seine politische Vergangenheit macht dies aber nicht vergessen: Fankhauser war einst aktives Mitglied der rechtsextremen Partei national orientierter Schweizer (Pnos).
Darauf angesprochen, bleibt der 26-Jährige vage. Er sagt nur, dass er mit etwa 16 Jahren «für kurze Zeit» bei der Pnos mitgemacht habe. Gleichzeitig bestreitet er aber nicht, dass er sich noch als 20-Jähriger im Namen der Pnos öffentlich zu einer Prügelei zwischen Linken und Rechten in Biglen geäussert hat. Wieso er später der Pnos den Rücken gekehrt habe? Wieder bleibt er vage, «man wird älter, macht seine Erfahrungen», sagt er nur.
Als möglicher Gemeinderat hat sich mittlerweile sogar noch ein Dritter in Position gebracht. Er heisst Kari Ebneter, ist parteilos und bezeichnet sich als praktischen Lebenspsychologen. Zumindest für Aussenstehende bleibt er aber sonst ein Rätsel. Auf seinem Wahlflyer zeigt er nicht einmal sein Gesicht. Eine welke Löwenzahnblüte muss genügen.
Und noch eine Wahl?
Möglicherweise bleibt die Jekami-Wahl kein Einzelfall. Dann jedenfalls, wenn die Walkringer Behörden im nächsten Jahr nicht eine mehrmonatige Vakanz bis zu den ordentlichen Wahlen im Herbst nehmen: Vor Monatsfrist hat ein dritter Gemeinderat seinen Rücktritt angekündigt. SVP-Vertreter Jakob Hulliger geht auf Ende März.
in krauchthal
Urnenwahlen nach dem Prinzip Jekami sind nichts Neues in der Region Bern. Im Frühling 2004 war es schon in Krauchthal so weit. Eine heftige Auseinandersetzung über die Finanzen hatte damals den Gemeinderat praktisch geschlossen zurücktreten lassen. Den Parteien gelang es in der Folge zwar, neue Leute für die Exekutive zu gewinnen oder Bisherige zum Rücktritt vom Rücktritt zu gewinnen. Das Ratspräsidium aber blieb verwaist.
So kam es zu einer Urnenwahl, in der die Stimmenden einen beliebigen Namen auf den leeren Zettel schreiben konnten. Auch damals zeichnete sich bereits im Vorfeld ab, wer das Rennen machen würde: Ins Amt gehievt wurde eine SVPlerin, die von ihrer Partei ausdrücklich empfohlen worden war.