Neue Zürcher Zeitung: Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch verurteilt die Attacke auf einen Juden in Wiedikon
Der von Rechtsradikalen angegriffene orthodoxe Jude fürchtet, bei einer Anzeige seine Anonymität zu verlieren. Trotzdem könnte die Polizei von Amtes wegen aktiv werden.
fbi. · Am Abend des 4. Juli attackierten rund 20 Rechtsradikale in Zürich Wiedikon einen orthodoxen Juden und beschimpften den Mann mit üblen antisemitischen Parolen. Der Vorfall hat nun auch die Politik auf den Plan gerufen. Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch bezeichnete den antisemitischen Angriff in einem Post auf Facebook als «absolut inakzeptabel». «Wir wollen unsere Weltoffenheit und den Respekt zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft mit Überzeugung und aller Kraft bewahren», schreibt Mauch. Kulturelle und religiöse Traditionen könnten in Zürich sichtbar gelebt werden. Dies zeichne die Stadt seit langem aus.
«Sie zeigten Zivilcourage»
Es handle sich um eine persönliche Stellungnahme der Stadtpräsidentin, sagt Lukas Wigger vom Präsidialdepartement auf Anfrage. Corine Mauch habe sich aus den Ferien gemeldet und um die Aufschaltung des Statements gebeten. Erfreut über die Stellungnahme zeigt sich der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG). Eine breite politische Allianz gegen antisemitische Äusserungen und Übergriffe sei wichtig, sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner. «Wir begrüssen deshalb die Aussagen der Stadtpräsidentin.» Als positives Zeichen wertet es Kreutner auch, dass bei der Attacke Anfang Juli Personen dazwischengegangen waren und die Polizei riefen. «Sie zeigten Zivilcourage und verhinderten damit Schlimmeres.»
Noch unklar ist, ob das Opfer Strafanzeige wegen Tätlichkeit einreichen wird. «Er befürchtet, dass die Anonymität gegenüber den Tätern nicht gewahrt werden kann», sagt Kreutner, der mit dem Mann in Kontakt steht. Dieser sei immer noch eingeschüchtert. Orthodoxe Juden müssten sich in Zürich zwar immer wieder Beschimpfungen anhören. Ein Angriff wie jener Anfang Juli sei bisher glücklicherweise, soweit bekannt, ein Einzelfall. Derweil ermittelt die Stadtpolizei Zürich, ob bei der Attacke auch ein Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm vorliegt. Da es sich um ein Offizialdelikt handelt, würden die Strafverfolgungsbehörden in einem solchen Fall von Amtes wegen aktiv werden. Die Befragungen zu dem Vorfall liefen jedoch noch, sagt Stadtpolizei-Sprecherin Judith Hödl.
Beim Haupttäter des Vorfalls in Wiedikon handelt es sich laut der «Sonntags-Zeitung» um den 27-jährigen Sänger einer Schweizer Neonazi-Band. Er soll den Juden beschimpft, bespuckt und geschubst haben. Im Internet tauchte derweil die Ankündigung einer rechtsextremen Veranstaltung mit dem Titel «Rock fürs Vaterland» am nächsten Wochenende auf, bei der auch die Band des mutmasslichen Haupttäters auftreten sollte. Die Konzerte sollen im Grossraum Zürich über die Bühne gehen. Die Polizei beobachtet die Lage laut eigenen Angaben genau. Es sei jedoch noch völlig unklar, ob und wo ein derartiger Anlass stattfinden werde, sagt Hödl. Zu den Schritten, welche die Polizei gegebenenfalls ergreifen würde, wollte sie sich nicht äussern.
Anlass im Auge behalten
SIG-Generalsekretär Kreutner fordert, dass die Behörden den Anlass im Auge behalten und die nötigen Massnahmen ergreifen, um die Veranstaltung zu verhindern. «Wir erwarten, dass die Behörden sofort eingreifen, falls rassistisches oder antisemitisches Gedankengut verbreitet wird.» Dies fordert auch die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus in einer Mitteilung. Man erwarte, dass die Behörden wachsam seien und Gesetzesverstösse verhinderten oder ahndeten. Zudem appelliert die Stiftung an Politiker, am 1. August gegen Antisemitismus, Gewalt und Ausgrenzung Stellung zu beziehen.