Newsnet: Daniel Leupi, grüner Stadtrat und stellvertretender Polizeivorsteher, verurteilt nach der Attacke auf einen Juden und dem Vorfall im Hauptbahnhof jede Art von Gewalt.
Dass ein Jude auf offener Strasse von einem Neonazi attackiert wird, ist offenbar eine neue Dimension von Gewalt. Ihre Einschätzung?Wie alle anderen auch, bin ich schockiert über den Vorfall. Wir müssen gegen jede Art von Gewalt und Ausgrenzung vorgehen und klarmachen, dass dies nicht geduldet wird.
Was könnten die Gründe sein?Die Gründe für Rassismus und Antisemitismus sind vielfältig. Sicher spielen Vorurteile, Unwissen, Unsicherheit und Ängste eine Rolle. Für solche Personen scheint die Vielfalt menschlicher Herkünfte und Lebensweisen statt eine Bereicherung eine Bedrohung zu sein. Davon sind nicht nur die jüdische Bevölkerung, sondern auch Personen anderer Hautfarben, Glaubensrichtungen und sexueller Ausrichtung betroffen.
Sie sprechen am 1. August in Wollishofen, gehen Sie auf den Vorfall ein? Indirekt. Das Thema des Zusammenlebens der Menschen war schon vor dem Vorfall gesetzt. Ich spreche über Vielfalt und Weltoffenheit, über Vor- und Pauschalurteile.
Wie schätzen Sie die Neonazi-Szene in Zürich ein.In der Stadt Zürich gibt es seit vielen Jahren keine wahrnehmbaren, öffentlichen Aktivitäten rechtsextremer Kreise. Die haben in dieser weltoffenen Stadt einfach keine Basis. Zum offenbar geplanten Konzert ist zu sagen, dass die Stadt Zürich Veranstaltungen mit rassistischem oder gewaltverherrlichendem Inhalt nie bewilligen würde. Ich gehe aber zusammen mit den Fachleuten der Stadtpolizei davon aus, dass sich die Szene eher irgendwo sonst im Kanton oder Mittelland einen Veranstaltungsort sucht.
Wie sollen sich Passanten verhalten, wenn Sie Zeuge von einem solchen Gewaltakt werden? Unabhängig davon, ob es sich um einen rassistisch oder sonst wie motivierten Vorfall handelt: Helfen, aber sich selbst nicht in Gefahr bringen. Wenn möglich soll man das Opfer aus der Situation bringen, Passanten aktiv zur Mithilfe auffordern und die Polizei verständigen. Wichtig ist auch, räumliche Distanz zur Täterschaft zu halten, ruhig zu bleiben und Provokation sowie Körperkontakt zu vermeiden. Bis zum Eintreffen der Polizei und der Sanität soll das Opfer betreut werden. Und natürlich sind Beobachtungen der Polizei mitzuteilen.
Laut des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds ist eine Zunahme von Gewalt gegen Juden zu verzeichnen, auch in der Stadt Zürich. Es liegen uns keine Zahlen vor. Entscheidend ist für mich aber, dass jeder Fall von Rassismus und Gewalt ein Fall zu viel ist.
Gewalt ist am Donnerstagabend aber auch von linker Seite gegen eine Partei verübt worden, von Linksautonomen gegen die SVP im Hauptbahnhof. Ich verurteile jede Art von Gewalt und jegliche Art von Hetze, ob von links- oder rechtsextremer Seite. Die körperliche Integrität jedes einzelnen Menschen und die freie Meinungsäusserung sind unverhandelbar. Die politische Diskussion ist mit Argumenten zu führen und nicht mit dem Wurf von Petarden.