Newsnet: Bis heute ist keiner jener zahlreichen Neonazis erwischt worden, die mitten in Hombrechtikon einen Gedenkumzug veranstaltet haben. In zwei Tagen könnte sich ein solcher Vorfall wiederholen.
Der Vorfall sorgte für einigen Wirbel: In Hombrechtikon trafen sich am Abend des 13. Februar 2012 rund 50 Neonazis und zogen mit Transparenten und Fackeln durch die Zürcher Oberländer Gemeinde. Aussergewöhnlich daran war, dass niemand diesen Umzug gesehen haben will. Bis heute weiss niemand mit Sicherheit, wer hinter dieser Veranstaltung steckte.
Weil der Umzug nicht bewilligt war, hat die Gemeinde Hombrechtikon damals Anzeige gegen unbekannt erstattet. Die Anzeige ziele auf die Organisation und die Teilnehmenden des Fackelzugs, «offensichtlich Mitglieder einer neonazistischen Bewegung», liess die Gemeinde damals in einem Communiqué verlauten.
Die Kantonspolizei habe zu den Vorfällen in Hombrechtikon umfangreiche Ermittlungen angestellt, sagt Sprecherin Carmen Surber. Die Täterschaft sei nach wie vor unbekannt, und es habe keine Verhaftungen gegeben. Der Fall sei aber noch nicht abgeschlossen. Die Ermittlungen laufen weiter.
Alarmiert wegen des Datums
Am kommenden Freitag jährt sich das Ereignis erneut. Es ist kein Zufall, dass der Umzug am 13. Februar stattfand. Es ist der Jahrestag der Luftangriffe der Alliierten auf die Stadt Dresden, denen Tausende Zivilisten zum Opfer fielen. «Rechtsextreme nutzen das Datum des Bombardements für ihre Zwecke», sagt Samuel Althof von der Fachstelle Extremismus – und Gewaltprävention. Damals sei auch die zivile Bevölkerung durch die Alliierten angegriffen worden. Neonazis nähmen dies zum Anlass, um die Deutschen als Opfer zu inszenieren. «Sie leugnen oder verharmlosen damit den Holocaust und begehen eine Täter-Opfer-Umkehrung.»
Die Kantonspolizei Zürich ist sich der Bedeutung des 13. Februar bewusst. «Wir haben deshalb entsprechende Vorbereitungen getroffen», sagt Surber. Konkretere Angaben könne sie aus taktischen Gründen nicht machen. Auch in Hombrechtikon ist man seit den Vorkommnissen vor drei Jahren für dieses Datum sensibilisiert. «Wir arbeiten eng mit der Kantonspolizei zusammen und sind gut vorbereitet», sagt Tino Ponato, Vizepräsident der Gemeinde. «Wir lehnen jedwede Form neonazistischen Gedankenguts und Aktivitäten ab.»
Weniger rechtsextreme Gruppen
Althof gibt jedoch Entwarnung. «Für den kommenden Freitag ist auf den einschlägigen Seiten und Foren nichts zu erkennen, das auf einen weiteren Demonstrationsumzug oder sonst einen Anlass mit rechtsextremem Hintergrund schliessen liesse.» Generell seien die Zahlen rechtsextremer Gruppen und Organisationen in der Schweiz eher rückläufig. Die vor 15 Jahren gegründete Pnos etwa, die Partei National Orientierter Schweizer, sei kaum noch aktiv und habe politisch keinerlei Relevanz. Sie agiere nur noch im Versteckten.
Als gefährlich bezeichnet Althof jedoch die punktuelle Bedrohung, die von einzelnen Rechtsextremen und Neonazis ausgeht. Diese könnten sich zusammenschliessen und dann irgendwo irgendjemanden angreifen. «Es geschieht meist aus einem Impuls heraus und in der Regel willkürlich», sagt der Experte für Rechtsextremismus. Derzeit gebe es in der Schweiz keine erkennbare programmatische Struktur von rechtsextremer Gewalt. «Deshalb ist auch nicht absehbar, wann und wo etwas passieren könnte.»