St. Galler Tagblatt: An der Spitze von Pegida Schweiz findet sich ein Ostschweizer: DPS-Präsident Ignaz Bearth – eine umstrittene Person. Harsche Kritik für die neue Bewegung der Islamkritiker gibt es von der St. Galler SVP.
ST. GALLEN. Mike Egger, Kantonsrat und Präsident der Jungen SVP St. Gallen, scheint fast erleichtert über die Nachfrage. Er hat sich am Wochenende ordentlich über die Äusserungen von Anian Liebrand, Präsident der Jungen SVP Schweiz, geärgert. «Ich begrüsse es, wenn auch in der Schweiz Pegida-Demos stattfinden», hatte ihn die «Sonntags-Zeitung» zitiert. Die Aussage löst bei Egger Kopfschütteln aus: «Wir wehren uns vehement dagegen. Wir werden bei der nationalen Jungpartei dagegen protestieren. Sie hört in den nächsten Tagen von uns.»
Egger ist überzeugt: «Wir brauchen Pegida in der Schweiz nicht. Wir können uns selber wehren, unsere eigenen Forderungen formulieren.» Und vor allem: Die Junge SVP St. Gallen distanziere sich vom Schweizer Ableger der deutschen Bewegung «Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes», denn: «Wir wollen nichts mit einer rechtsextremen Bewegung zu tun haben.»
Wer steckt dahinter?
Die Mitglieder des neuen Vereins Pegida Schweiz geben sich bislang bedeckt. Bekannt ist lediglich, dass sich am Freitag ein Dutzend Personen zur Vereinsgründung in Zürich eingefunden hat. Und: Pegida Schweiz will sich «für den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur» einsetzen.
Der Pegida-Sprecher
Am Wochenende hat sich dann ein Mitglied von Pegida Schweiz «geoutet»: Ignaz Bearth, Präsident der Direktdemokratischen Partei Schweiz (DPS). Bearth stellt sich selbst als Sprecher von Pegida Schweiz vor. Sein Facebook-Eintrag von Freitagnacht hatte noch auf «Beobachter» hingedeutet: «Ich durfte heute in Zürich die Köpfe hinter Pegida Schweiz kennenlernen, habe durchwegs einen positiven Eindruck von ihnen und ihrem Konzept erhalten. Ich wünsche viel Kraft, Wille und Ausdauer.» Auf seiner offiziellen Facebookseite hat sich der Uzwiler schon früh mit der deutschen Pegida solidarisch gezeigt. Die Seite hat über 30 000 Links – 43 Prozent aus Indien. «20 Minuten» äusserte gestern denn auch den Verdacht, Bearth könnte einen Teil seiner Fans gekauft haben.
Der 30jährige Bearth ist eine umstrittene Person. Er war Mitglied der Pnos und soll sich in der Neonazi-Szene bewegt haben. Er selber weist Vorwürfe, er sei rechtsextrem oder rassistisch, zurück. So hielt er gegenüber unserer Zeitung wiederholt fest: «In der DPS hat Extremismus keinen Platz, weder linker, rechter noch religiöser.» Und: «Wir distanzieren uns klar von Rassismus.»
Die DPS bewegt sich am rechten Rand des politischen Spektrums in der Schweiz; sie zählt schweizweit rund hundert Mitglieder. Die Partei sucht aktiv Kontakt mit «weiteren patriotischen Kräften» in Europa – «um den Geist, die kulturelle Identität unserer grossartigen Kulturen in Europa zu wahren. Gegen die Islamisierung Europas und das Diktat von Brüssel», wie es im Parteiprogramm heisst. Die DPS will sich im Kanton St. Gallen mit einer eigenen Liste an den Nationalratswahlen beteiligen.
«Ultrarechte Sektierer»
Pegida Schweiz kündigt für 16. Februar die erste Demonstration an. Der Ort des «Abendspaziergangs» ist noch geheim. So wird spekuliert, auch die Ostschweiz wird genannt. Bestätigen kann dies niemand und bei der Stadtpolizei St. Gallen – verantwortlich für die Bewilligung von Kundgebungen in der Stadt – ist bislang kein Gesuch eingegangen.
Fabian Molina, Präsident der Juso Schweiz, reagiert rasch auf die Demo-Ankündigung: «Wir werden da sein.» Die Pegida dürfe in der Schweiz nicht Fuss fassen, ohne dass eine starke Gegenbewegung ein Zeichen gegen Intoleranz, Hass und Rassismus setze. Für Samuel Brülisauer, Co-Präsident der Juso St. Gallen, ist der Fall klar: «Wenn ehemalige Pnos-Leute und DPS-Vertreter unter den Rednern sind, sollte allen klar sein: Hier handelt es sich schlicht um eine kleine Gruppe ultrarechter Sektierer, und nicht um eine Volksbewegung.» Als Rednerin kursiert – nebst Ignaz Bearth – Tatjana Festerling, Mitbegründerin der Partei Alternative für Deutschland (AfD).
In der Schweiz überflüssig
Nichts am Hut mit Pegida hat auch Herbert Huser, Präsident der St. Galler SVP. Die Bewegung sei in der Schweiz «überflüssig». Es fehle die Grundlage für einen Schweiz-Ableger von Pegida; in Deutschland habe die Bevölkerung keine Möglichkeiten der direkten Mitsprache und Mitwirkung wie in der Schweiz.
Pegida Schweiz will in den nächsten zwei Wochen eine eigene Webseite aufschalten.
Pegida steht alleine da
Für den Politologen Michael Hermann ist offen, ob Pegida die SVP konkurrieren kann, von der sie Forderungen übernommen hat – so etwa jene nach Durchsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative oder die Ausweisung krimineller Asylsuchender. In den Augen von Hermann ist «unvorstellbar, dass sich Pegida in der Schweiz mit wöchentlichen Demonstrationen etabliert wie in Dresden». Vorstellbar sei eine einmalige Aktion. Die weitgehende Anonymität der Exponenten verhindert laut Hermann zwar, dass die Bewegung von einer Führungsperson geprägt wird. Doch: «Um Einfluss zu bekommen, ist eine Verbindung zur institutionalisierten Politik nötig. Auf die Strasse zu gehen, reicht nicht.»
Politologe Georg Lutz mag Pegida nicht zu wichtig nehmen, bevor klar ist, wie stark sie zu mobilisieren vermag. Ohne Partei oder bekannte Persönlichkeit im Rücken stehe die Bewegung ziemlich alleine da. Und die SVP werde sich hüten, mit Pegida gleichgestellt zu werden. Denn sie wolle nicht als rassistisch erscheinen. (sda)