Die Wochenzeitung: Kommentar
Von Dinu Gautier
Die Indizien, die den Neonazi K. S. belasten, sind zahlreich. Um nur die beiden stärksten zu nennen: An Überresten der Bombe, die 2007 kurz vor der Detonation in der Berner Reitschule aus der feiernden Menge eines Festivals entfernt werden konnte, fand sich seine DNA. Und bei Hausdurchsuchungen wurden Bestandteile «unkonventioneller Spreng- und/oder Brandvorrichtungen» gefunden, die denjenigen der Reitschulebombe sehr ähnlich waren. Die WOZ machte den Fall diesen April detailliert publik (siehe WOZ Nr. 16/14)
Angesichts der Indizien erstaunte es sehr, dass die Bundesanwaltschaft (BA) das Verfahren gegen K. S. einstellen wollte. Erstaunt war offenbar auch das Bundesstrafgericht in Bellinzona, das auf Beschwerde von Matthias Zurbrügg, Rechtsvertreter der FestivalorganisatorInnen, über die Einstellung befinden musste.
Nun liegt der Beschluss des Gerichts vor: Bereits aus der Einstellungsverfügung der BA selber gehe «eindeutig hervor, dass hier kein Fall von klarer Straflosigkeit vorliegt». Die BA sei «nicht dazu berufen, über Recht und Unrecht zu richten». Sie müsse nun das Verfahren weiterführen, und gegen K. S. sei «Anklage zu erheben».
Knapper und deutlicher kann ein Gericht eine Bundesbehörde wohl kaum massregeln. So sehr vor Gericht der Grundsatz «im Zweifel für den Angeklagten» hochgehalten werden muss, so wenig gilt er für eine nicht gerichtliche Behörde wie die BA, zumal es nicht um ein Bagatelldelikt, sondern um einen Anschlag geht, der beinahe zu einem Blutbad geführt hätte. Was die Motivation der BA war, das Verfahren einzustellen, bleibt rätselhaft.
In anderen Fällen scheut die BA jedenfalls keinen Aufwand. Im Fall zweier Basler Islamisten, die im Mai in Bellinzona verurteilt wurden, hatte sie beispielsweise Observationen im Ausland, monatelange Kommunikationsüberwachung und sehr lange Untersuchungshaft angeordnet – dabei ging es dort vorwiegend um virtuelle Delikte (Unterstützung von al-Kaida durch Internetpropaganda). Zur Erinnerung: K. S. sass keinen Tag in U-Haft.
Bleibt zu hoffen, dass K. S. sein Schweigen vor Gericht endlich bricht. Dass er – so er es denn war – nicht allein gehandelt haben kann, ergibt sich aus den Untersuchungsakten deutlich.