Mediencommuniqué der Antifa Bern
Seit einigen Monaten trifft sich die regionale, aber auch nationale Neonaziszene zum wöchentlichen Stelldichein in Räumlichkeiten am Einschlagweg 67 in Burgdorf. Im angemieteten Raum, weit ab vom Stadtzentrum und fern von öffentlichen Blicken, treffen sich verschiedene Exponenten der extremen Rechten, die für gewöhnlich ungern miteinander in Zusammenhang gebracht werden. Es reichen sich unter anderem die PNOS-Exponenten Tobias Hirschi und Jonas Gysin, Adrian Segessenmann (Nationale Offensive), Sacha Kunz (betreibt einen Naziversand), Alexander Rohrbach (Mitglied der Nazirockband „Indiziert“) und der Vizepräsident der Berner Kantonalsektion der Schweizer Demokraten, Adrian Wyss, die Klinke.
Der konspirative Treffpunkt in Burgdorf belegt einmal mehr, dass die parlamentarische Rechte und die ausserparlamentarische Neonaziszene nicht nur inhaltlich, sondern auch personell in engem Zusammenhang stehen. Die Existenz solcher Räumlichkeiten bietet der extremen Rechten die Möglichkeit, sich ungestört zu vernetzen, sich auszutauschen und sich zu organisieren. Wir fordern deshalb die Vermieterin der Liegenschaft, die Bürki Bau AG in Burgdorf, auf, die Neonazis umgehend aus den Räumlichkeiten zu weisen.
Treffpunkt der Nationalen Offensive…
Mindestens ein Mal wöchentlich treffen sich am Einschlagweg Akteurinnen und Akteure der extremen Rechten aus den Kantonen Bern, Solothurn und Aargau. Oliver Kobel, Martin Roth und Alexander Rohrbach sind mit grosser Wahrscheinlichkeit die „Schlüsselwarte“ des Raumes; sie sind regelmässig die ersten am Ort des Geschehens. Alle drei sind der Nationalen Offensive (NO) zuzuordnen.
Olivier Kobel, der in Hindelbank wohnt, trat – wie auch seine Schwester Janine – in der Vergangenheit in Zusammenhang mit Aktionen der regionalen rechtsextremen Szene in Erscheinung. Martin Roth wurde unter anderem bekannt wegen einer Attacke auf das besetzte Haus „Solterpolter“ in Bern (1999) – das besetzte Haus im Marziliquartier war mehrfach Ziel von Angriffen – und wiederholten gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Alexander Rohrbach ist seit längerem in der rechtsextremen Szene aktiv. Sein Aktionsfeld reicht von Schlägereien über die Beteiligung an diversen Aufmärschen und Demonstrationen bis hin zur Teilnahme an Parteitagen der PNOS. In letzter Zeit betätigt er sich auch musikalisch: als Gitarrist der Nazirockband „Indiziert“.
Im Zusammenhang mit „Indiziert“ taucht auch Roger Wyss aus Wynau auf. Er war im Juli 2001 auf dem Campingplatz von Yverdon an einer Massenschlägerei zwischen Naziskins und Jugendlichen aus der Region beteiligt. Auch hat er das Schützenhaus Lengmatt in Thunstetten-Bützberg bei Langenthal angemietet, wo am 30. Dezember 2004 die erste „Indiziert“-Platte „Eidgenössischer Widerstand“ getauft werden sollte. Roger Wyss geht am Einschlagweg 67 ein und aus.
Mit Adrian Segessenmann taucht ein altbekanntes Gesicht der Schweizer Naziszene regelmässig in Burgdorf auf. Segessenmann, der sich bereits als 16-jähriger zu den Schweizer Hammerskins (SHS) zählte, gilt als führende Figur der Nationalen Offensive. Die Schlägerkarriere des gelernten Metzgers lässt sich bis zum Überfall auf das „Festival für Völkerfreundschaft“ in Hochdorf (LU) 1995 zurückverfolgen. Im Dezember 2004 wurde er vom Berner Obergericht als Veranstalter eines Treffens in einer Waldhütte bei Seedorf (1999) verurteilt, an welchem der bekannte Neonazi Roger Wüthrich aus Worblaufen über die Entstehung der SS und Waffen-SS referiert hatte.
Parteilokal der PNOS…
Das Einzugsgebiet für die Treffen in Burgdorf reicht bis in den Aargau zu Sacha Kunz. Er betreibt zurzeit die Homepage und das Nazirock-Fanzine „White Revolution“, über deren Versand die erste „Indiziert“-CD bezogen werden kann. Kunz war Postfachinhaber einer Deutschweizer Sektion von „Blood and Honour“ – die rassistische und Gewalt verherrlichende Neonaziorganisation ist international aktiv und wurde in Deutschland verboten – und nicht zuletzt Mitbegründer der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS). Trotz Rückzug von der Parteispitze unterhält Kunz noch immer enge Kontakte zur PNOS.
Auch die PNOS nutzt den Burgdorfer Raum als Versammlungslokal, die „Gästeliste“ liest sich wie das „Who’s Who“ der Partei: Am 22. Dezember 2004 beispielsweise waren neben Parteipräsident Jonas Gysin unter anderem Jan Werfeli, der Pressesprecher der PNOS Aargau, sowie André Gauch anwesend. Gauch ist Gründungsmitglied und Stützpunktleiter der PNOS-Sektion Freiburg. Auch Markus Martig und Tobias Hirschi wohnen nicht selten den Treffen am Einschlagweg 67 bei. Martig betreut das Postfach der PNOS-Sektion Bern in Aefligen. Sein Engagement gilt jedoch nicht nur gewaltfreien Aktionen. So war Martig unter anderem am Überfall von Rechtsextremen an der Solätte 2000 in Burgdorf beteiligt. Auch Gedenkmärsche entsprechen offenbar seinem Geschmack – sei es für den bei einem Autounfall verstorbenen Naziskin Marcel Bannwart in Burgdorf, sei es zu Ehren von Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess im bayrischen Wunsiedel.
Der Langenthaler PNOS-Stadtrat Tobias Hirschi tauchte u.a. am 28. Oktober 2004 – wenige Tage nach seiner überraschenden Wahl – zusammen mit Janine und Oliver Kobel, Roger Wyss und Adrian Segessenmann in den Räumlichkeiten auf.
… und auch die Schweizer Demokraten kommen zu Besuch
Einige Male setzten sich am Einschlagweg auch Mitglieder der Schweizer Demokraten (SD) an den Sitzungstisch. Einen Exponenten der SD möchten wir besonders hervorheben, der ganz offensichtlich keine Berührungsängste gegenüber der Neonaziszene kennt: Den Vizepräsidenten der Berner Kantonalpartei und die Ansprechperson der SD in Burgdorf, Adrian Wyss.
Lichter aus, Schlüssel weg!
Der extremen Rechten – von den Naziskins über die PNOS bis hin zu den Schweizer Demokraten – dienen die Räumlichkeiten am Einschlagweg 67 als Vernetzungs- und Organisationsplattform. Nicht nur die lokale Szene frequentiert das Lokal. Teils reicht der Radius der BesucherInnen sehr weit – etwa am 6. Januar 2005, als Neonazis aus den Kantonen Aargau, Bern, Luzern, Solothurn, Thurgau und Zürich in Burgdorf auftauchten.
Diesem Treiben wollen wir keinen Tag länger zusehen. Wir fordern deshalb die Vermieterin, die Bürki Bau AG in Burgdorf (Tel. 034 422 98 76), dazu auf, den bestehenden Mietvertrag zu kündigen und den ungestörten Treffen von Rechtsextremen ein abruptes Ende zu bereiten.
Lichter aus, Schlüssel weg: Kein Raum für Nazis – nirgendwo!
Im Anhang finden Sie eine Liste mit ausgewählten BesucherInnen des besagten Raumes. Die von uns getroffene Personenauswahl soll die Tragweite des Nazitreffpunkts untermauern. Insgesamt wird der Raum von ungefähr sechzig Neonazis mehr oder weniger regelmässig besucht. In der Liste aufgeführte Vorfälle verschaffen einen kleinen Einblick ins Aktionsfeld der einzelnen Akteure. Auch hier beschränken wir uns auf eine kurze Auswahl.
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns über die e-Mail-Adresse „info (at) antifa (.) ch“.
Freundliche Grüsse
Antifa Bern