Die dubiosen Referendumshelfer der SVP

Zentralschweiz am Sonntag vom 07.04.2013

Vignette · Im Referendumskomitee gegen die Erhöhung des Vignettenpreises sitzen Politiker mit engen Kontakten zu rechtsextremen Verschwörungstheoretikern. Das sorgt für Zündstoff.

 

Sermîn Faki

sermin.faki@zentralschweizamsonntag.ch

Seit Freitag sammeln die SVP-Nationalräte Walter Wobmann (SO) und Nadja Pieren (BE) Unterschriften für das Referendum gegen die Preiserhöhung der Autobahnvignette. Da das Referendum in der SVP umstritten ist, mussten die beiden ausserhalb ihrer Partei Unterstützung suchen. Fündig geworden sind sie beim Alpenparlament, einer Organisation, die sich vor allem der ganzheitlichen Gesundheitsförderung verschrieben hat, aber auch Umgang mit rechtsnationalen Kreisen pflegt.

Führende Köpfe des Alpenparlamentes sind Martin Frischknecht aus dem bernischen Forst und Roland Schöni aus Bönigen, ebenfalls im Kanton Bern. Gemeinsam mit Pieren und Wobmann präsidieren sie das Referendumskomitee. Dafür gaben Frischknecht und Schöni sogar ihre eigenen lancierten Volksinitiativen auf. Diese forderten die steuerliche Absetzbarkeit der Wahl- und Stimmbeteiligung sowie die Kontrolle der eigenen Stimmabgabe durch die Stimmenden über das Internet. Das Alpenparlament habe beide Begehren, für welche die Sammelfrist in den kommenden Wochen ausläuft, «einschlafen lassen», wie Schöni sagt. Man wolle die Kräfte nun auf das Vignetten-Referendum konzentrieren.

Gruppe von Freidenkern

Mit dem Alpenparlament lassen sich SVP-Exponenten mit einer Gruppe ein, die gemeinhin als Exoten gelten: kleine Organisationen und Parteien, die bei Wahlen nie eine Chance haben. Nicht zum ersten Mal: Bei den Nationalratswahlen 2011 ging die SVP Bern eine Listenverbindung mit dem Alpenparlament ein – angesichts gemeinsamer Berührungspunkte, wie die Geschäftsführerin der kantonalen SVP sagte.

Das Alpenparlament bezeichnet sich als Gruppe von Freidenkern, «frei von jeder konfessionellen, politischen und gesellschaftlichen Bindung». Doch Frischknecht und Schöni haben eine rechtsnationale Vergangenheit. Politisierten sie vor Jahren noch bei den Schweizer Demokraten, gründeten sie später die Gesundheitspartei und schliesslich das Alpenparlament. Dieses bezeichnen Berner Lokalpolitiker als «die am rechten Rand».

Moderator mit NPD-Vergangenheit

Frischknecht fiel 1998 mit einer Tonbandkassette mit rassistischen Äusserungen auf. Er stritt eine extremistische Gesinnung aber mehrfach ab. Allerdings bewegt er sich in rechts-esoterischen Kreisen. So moderiert der Deutsche Michael Vogt das von Frischknecht gegründete Internet-TV des Alpenparlaments. Vogt war mehrfach Rechtsextremismusvorwürfen ausgesetzt und für die rechtsextreme deutsche NPD tätig, wie das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel Online» berichtete.

Im letzten Jahr schrieb Vogt für das Buch «Politisch unkorrekt» des bayrischen Autors Jan Udo Holey alias Jan van Helsing. Holey gilt als einer der einflussreichsten Rechtsesoteriker im deutschsprachigen Raum. Sein Buch «Geheimgesellschaften» verkaufte sich rund 100 000 Mal. Darin fügt er «nationalsozialistische Esoterik, Antisemitismen und Weltverschwörungstheorien … zu einer monströsen, aber gut lesbaren Gesamtschau» zusammen, wie der deutsche Historiker Stefan Meining schreibt. Vogt ist mit Holey gut bekannt und äussert sich selbst auch immer wieder auf rechtsesoterischen, antisemitischen Internetportalen.

Auch Frischknecht selbst nutzt diese Netze oft, politisch äussert er sich jedoch sehr vorsichtig. Vor allem macht er Werbung für seine QuickZap-Produkte. Dabei handelt es sich um batteriebetriebene Stäbe oder Pads, die via elektrische Impulse die Wassermoleküle im Körper neu ausrichten und so jede Krankheit heilen sollen. So erschienen im Schweizer Magazin «Zeitenschrift», die Historiker Meining als «das wohl wichtigste Sprachrohr der deutschsprachigen Rechtsesoterik» bezeichnet, Artikel über Frischknecht und seine Produkte.

Krebsheilung versprochen

Auf dem Internetfernsehen des Alpenparlaments verspricht der Berner gar die Heilung von Aids, Malaria, Hepatitis C und sogar Krebs. Krebserkrankungen sind auch das Thema des aktuellen Alpenparlament-Magazins «Die Klarheit». Darin wirft Frischknecht Ärzten und der Pharma-Branche vor, aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht an der Heilung von Krebskranken interessiert zu sein. Dabei sei es einfach, die Krankheit zu heilen. Krebskranke sollten dankbar sein für die Aufgabe, «denn die Krankheit ist ein Hilferuf Ihres Körpers». Natürlich fehlt auch ein Hinweis auf die unterstützende Wirkung von QuickZap nicht.

«Frischknechts Ausführungen zu Krebserkrankungen sind hanebüchen, der Artikel strotzt vor Fehlinformationen», urteilt Rolf Marti, Leiter der Forschungsförderung bei der Krebsliga Schweiz. Er findet bedenklich, dass sich Ingenieur Frischknecht anmasse, wie ein Onkologe zu urteilen. «Das grenzt an Scharlatanerie.»

Zwist im Komitee

Für SVP-Nationalrat Walter Wobmann stellen die Verbindungen von Frischknecht kein Problem dar. «In der Schweiz hat man das Recht auf freie Meinungsäusserung», sagt er. Solange strafrechtlich nichts gegen Frischknecht und Schöni vorliege, sei eine Zusammenarbeit nicht heikel. Wobmann mutmasst, dass hinter der Recherche unserer Zeitung die Absicht stecke, das Referendum zu torpedieren. Seine Mitstreiterin Nadja Pieren sagt: «Ich kenne Herrn Frischknecht nicht persönlich. Herr Schöni und er stehen hinter dem Anliegen des Referendums – das ist für mich ausschlaggebend. Was Herr Frischknecht darüber hinaus tut und meint, ist seine Privatsache.»

Andere Mitglieder des Komitees sind vorsichtiger: «Ich kenne Herrn Frischknecht aus den regionalen Medien, mir ist eine Nähe zu rechtsextremen Kreisen nie aufgefallen», sagt der Berner SVP-Nationalrat Albert Rösti. Er wolle jedoch nicht mit dieser Szene in Verbindung gebracht werden. «Sollte etwas strafrechtlich Relevantes zum Vorschein kommen, würde ich die Zusammenarbeit mit Frischknecht im Komitee in Frage stellen.» Martin Frischknecht war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.