Der verwirrende Erfolg eines verwirrten Rechten

Basellandschaftliche Zeitung vom 30.10.2012

 

Rechtsextrem · Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Wahlbetrugs gegen Eric Weber – er war deswegen bereits verurteilt

Andreas Maurer

 

Der rechtsextreme Eric Weber ist als Querulant berüchtigt. Die Kantonsverwaltung hat in einigen Gebäuden extra seinetwegen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Zu oft ist er unangemeldet in Amtsstuben aufgetaucht und hat mit wirren Schimpftiraden den Betrieb aufgehalten. Die Verwaltung hat wegen Webers Auftritten einige Türen mit Schlössern versehen, die früher frei zugänglich waren. Schon während seiner Zeit als Grossrat zwischen 1984 und 1992 waren Sondermassnahmen nötig: Polizisten schickten ihn mehrmals aus dem Saal, etwa nach «Heil Hitler»-Rufen.

 

Der Kopf der «Volks-Aktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat» macht einen geistig stark verwirrten Eindruck – zuletzt am Sonntag im Wahlforum, als er die Bühne stürmte und wild gestikulierend herumschrie. Eigentlich hätte er Grund zur Freude gehabt, wurde er doch mit fast 1700 Stimmen in den Grossen Rat gewählt. Stattdessen schwafelte er in seinem Gefühlsausbruch von einem Verbrecherstaat, der ihn schikanieren würde.

 

Ermittlungen wegen Wahlbetrugs

 

Mit seinen Anschuldigungen meint der 49-Jährige die Staatsanwaltschaft (Stawa), die gegen ihn wegen Verdachts auf «Eingriffe in das Stimm- und Wahlrecht» ermittelt. Das Strafgesetzbuch meint damit unter anderem, «wer einen Stimmberechtigten durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile nötigt», das Wahlrecht in einem bestimmten Sinn auszuüben. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Das Verfahren sei schon seit längerer Zeit in Gang, berichtet Stawa-Sprecher René Gsell. Kürzlich sei Weber wegen erneuter Vorfälle ein zweites Mal angehalten und dem Zwangsmassnahmengericht vorgeführt worden. Dieses ordnete Untersuchungshaft an. Die Tage vor seiner Wahl hat der künftige Grossrat im Untersuchungsgefängnis verbracht. Erst am Wahlsonntag wurde er freigelassen. Die Ermittlungen der Stawa laufen. Deren Dauer kann Gsell nicht abschätzen. Klar ist aber: «Der Fall hat bei uns nicht oberste Priorität.» Wichtiger seien hängige Fälle, bei denen wegen Gefährdung von Leib und Leben ermittelt wird.

 

Falls eine Manipulation des Wahlresultats festgestellt werden würde, würde Weber die Wahl nur aberkannt, wenn er ohne die manipulierten Stimmen die nötige 4-Prozent-Hürde nicht erreicht hätte. Mit den fast 13500 Parteistimmen hat die nur im Kleinbasel angetretene Volks-Aktion die Hürde in diesem Wahlkreis mit 5,5 Prozent relativ locker genommen. Für eine Aberkennung der Wahl müssten über 3500 Parteistimmen illegal sein. Derzeit gilt die Unschuldsvermutung.

 

Staatsanwälte am Wahltag

 

Von einer gültigen Wahl geht die Staatskanzlei aus. «Wir haben keinen Anlass, am Resultat zu zweifeln, solange ein Gerichtsurteil nicht etwas anderes sagt», teilt Vizestaatsschreiber Marco Greiner mit. Bei der Auszählung der Stimmen beachtet die Staatskanzlei auch die Schriftbilder. Bei Unsicherheiten bietet sie die Stawa auf. Das war auch vorgestern Sonntag der Fall – jedoch nicht im Zusammenhang mit der Wahl von Eric Weber oder seiner Volks-Aktion. Der Einsatz der Stawa sei nichts Besonderes, betont Greiner. Das gehöre zum normalen Prozedere.

 

Falls Webers Wahl nicht aberkannt wird, kommen ungemütliche Zeiten auf den Grossen Rat zu. Die Ideen der Volks-Aktion sind abstrus. Deren Grossratskandidaten warben damit, dass sie die Initiativen für «geschlossene Internierungslager für Asylanten» und für die «Todesstrafe für Drogendealer» unterstützen.

 

Georg Kreis bleibt gelassen

 

«Der politische Schaden wird sich in Grenzen halten», ist Georg Kreis überzeugt. Der emeritierte Geschichtsprofessor und ehemalige Präsident der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus stuft es als unerfreulich, aber als kein Drama ein, dass künftig zwei von 100 Grossräten Mitglied der Volks-Aktion sind. «Man darf nicht dem Irrtum verfallen, dass im urbanen Basel nur hochliberale Menschen versammelt sind», betont er. Zum Spektrum einer Einwanderungsgesellschaft würden fremdenfeindliche Haltungen dazugehören. «1-Themen-Bewegungen haben wegen ihrer Einfachheit Erfolg», stellt Kreis fest. Deshalb sei die Volks-Aktion wohl für einige Wähler attraktiver als die breiter aufgestellte SVP.

 

Die Auswertung aller veränderten Listen zeigt, dass Eric Weber 114 Stimmen von SVP-Wählern erhalten hat. Von keiner anderen Parteiliste erhielt er mehr als zehn Stimmen. Doch in die SVP-Fraktion wird Weber gemäss SVP-Chef Sebastian Frehner nicht aufgenommen. Die Volks-Aktion ist ihm in ausländerpolitischen Fragen zu rechts und in sozialen und wirtschaftlichen Fragen zu links. Die Einschätzung sei aber schwierig, da bei der Volks-Aktion kein wirkliches Parteiprogramm erkennbar sei.