Die Wochenzeitung vom 09.08.2012
Carlos Hanimann
Obwohl die offen rechtsextreme Szene offenbar an Anziehungskraft verliert, bedeutet das nicht, dass die Fremdenfeindlichkeit in der Schweiz abgenommen hat. Verschiedene Vorfälle, die sich in diesem Sommer ereigneten, legen eine gegenteilige Tendenz nahe. Allerdings waren in die bekannt gewordenen Vorfälle weniger Neonazis involviert, sondern vor allem Mitglieder der SVP.
Kristallnacht-Tweet: Am 23. Juni verbreitete der Zürcher SVP-Politiker Alexander Müller über den Kurznachrichtendienst Twitter die Mitteilung, dass es vielleicht wieder eine «Kristallnacht» brauche – «diesmal für Moscheen». Müller verliess die SVP wenige Tage darauf. Offenbar fühlt sich Müller nach wie vor ungerecht behandelt. Auf seinem Blog dailytalk.ch schrieb er diese Woche, dass man versucht habe, ihn «mit Hilfe der Gesinnungsmedien fertig zu machen».
SVP-Leaks: Ab dem 26. Juni begann ein Twitterer unter dem Namen @svp_leaks verschiedene Gewaltfantasien eines Solothurner SVP-Mitglieds zu veröffentlichen, die dieser auf Facebook geäussert hatte. Der Solothurner, dessen Sicherheitsfirma auch Aufträge für Christoph Blocher wahrgenommen hatte, forderte unter anderem die Massenerschiessung von AusländerInnen. In der Folge wurden weitere ähnliche Äusserungen auf sozialen Netzwerken bekannt. Die SVP distanzierte sich zwar von diesen Mitgliedern, Christoph Blocher warnte aber davor, «dass man in den Parteien Gesinnungsprüfungen macht».
Direktdemokratische Partei: Der Ostschweizer Ignaz Bearth gründete am 28. Juli in St. Gallen die Direktdemokratische Partei Schweiz (DPS). Bearth, ein ehemaliges Pnos-Mitglied, war Mitglied der Jungen SVP des Kantons St. Gallen, die gemäss Bearth von seiner extremen Haltung gewusst hat. Als er ohne Erlaubnis der Partei einen «Freundeskreis SVP-FPÖ» gründete und auf der zugehörigen Website Videos einer rechtsextremen Band postete, verbot ihm die SVP die Verwendung des Parteilogos. Bearth trat aus der Partei aus und gründete Ende Juli die DPS. Angeblich hat die DPS rund vierzig Mitglieder.