Der Sonntag vom 22.07.2012
77 Tote. Das ist die traurige Hinterlassenschaft von Anders Breivik. Vor genau einem Jahr, am 22. Juli 2011, machte der damals 32-jährige Rechtsextremist die friedliche norwegische Hauptstadt Oslo und die Insel Utøya zu Orten des Grauens. Als Motiv gab er an, Norwegen gegen den «Massenimport von Moslems» und den «Kulturmarxismus» verteidigen zu wollen.
Bei Schweizer Rechtsradikalen findet die Rechtfertigung des Massenmörders Anklang. Eine von weit rechts aussen stehenden SVP-Mitgliedern gegründete, bis gestern Nachmittag aktive Facebook-Gruppe mit dem verschleiernden Namen «Gesunder Patriotismus hat nichts mit rechtsradikal zu tun» hat ein Manifest aufgeschaltet, in dem Breiviks Tat als «Terror eines einzelnen Christen gegen die Besetzung seines Landes durch den Islam» legitimiert wird.
Das klingt dann so: «Man kann das Norwegen-Massaker auch als Tat eines Verzweifelten hinstellen, dessen Wut über die sukzessive Abschaffung Norwegens und sei – ner christlich-abendländischen Fundamente sich in diesem Terrorakt ausdrückte.» Auch schreibt die Gruppe: «Wenn man will, kann man diesen Terrorakt auch als lang vorausgesagten Beginn eines Bürgerkriegs in Europa interpretieren. Als verzweifelten Akt (noch einzelner) indigener Bürger, das Abdriften Europas in ein islamisches Kalifat mit den Mitteln der Verzweiflung zu verhindern.»
Der wahre Schuldige des Massakers vom 22. Juli 2011 sei nicht Breivik, behauptet die Facebook-Gruppe, sondern «das politische Establishment»: Dieses habe Muslime millionenfach in ihre Länder geholt und das Gesicht Europas bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. «Sie haben damit den Willen der überwiegenden Mehrheit der indigenen Europäer vergewaltigt und sind daher die wahren Verantwortlichen für das Norwegen-Massaker». Verschwörerisch heisst es sodann: «2011 bildet somit den vermutlichen Auftakt eines beginnenden Bürgerkriegs indigener Europäer zur Verteidigung ihres Kontinents.»
Gegründet wurde die Facebook-Gruppe vom Ehepaar Beatrice und Daniel M., das der SVP Glarus-Nord angehört. Es hat den Text vom deutschen Rechtsextremisten Karl-Michael Merkle alias Michael Mannheimer übernommen. Dieser wurde im Februar vom Amtsgericht Heilbronn wegen Volksverhetzung zu einer Busse verurteilt.
Weitere Mitglieder der Facebook-Gruppe sind der St. Galler Rechtsextremist Ignaz Bearth und das St. Galler SVP-Mitglied Diana R., die nun eine eigene Rechtsaussen-Partei gründen (siehe Text oben). Ebenfalls zur Gruppe gehört der Solothurner Rassist Beat Mosimann, dessen gewaltverherrlichende Aussagen der «Sonntag» vor drei Wochen aufdeckte, worauf er die SVP verlassen musste.Peter Burkhardt