Google nimmt Werbung von Hitler-Site

Die Südostschweiz 16.06.2012

Auf www.adolf-hitler.ch wurde via Google für Israel-Reisen geworben. Nach einer Anfrage der «Südostschweiz» sperrte der Internetriese nun die Werbung auf der Website.

Von Sermîn Faki

Bern. – In den letzten zwei Tagen dürfte die Website www.adolf-hitler.ch sehr viele Besucher gehabt haben. Dass der in die Affäre um den zurückgetretenen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand verwickelte Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei laut der «Wochenzeitung» (WOZ) Halter der Website gewesen sein soll (Ausgabe von gestern), hat die Klickraten sicher in die Höhe getrieben. Gefreut haben wird das den in Chur wohnhaften Betreiber der Website, Reimut Massat mit seiner Schlagwort AG. Massats Geschäftsmodell: Er stellt Websites online, optimiert sie für Suchmaschinen, lässt darauf von Google vermittelte Werbung zu – und verdient Geld. Je mehr Klicks, desto mehr Geld. Bei www.adolf-hitler.ch sei es ihm aber nicht um Geld gegangen, sagte Massat gestern auf Anfrage. Vielmehr sei die Website seit Jahren inaktiv gewesen. Erst im Zuge des WOZ-Artikels habe er sie wieder online geschaltet. «Ich wollte, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass das keine hetzerische Seite ist», so Massat.

Werbung für Kinderhilfswerk

Weniger Freude an der Popularität der Website hatten einige Werbekunden von Google. Beispielsweise Romeo Klüger vom gleichnamigen Reisebüro im westdeutschen Düsseldorf. Er ist spezialisiert auf Reisen nach Israel, und weil Googles Werbeabteilung ihren Kunden das optimale Umfeld für ihre Anzeigen verspricht, landen Anzeigen für Israel-Reisen eben auf Websites, auf denen das Wort «Juden» vorkommt. Wie eben auf www.adolf-hitler.ch. Am Donnerstag Nachmittag fanden sich neben Klügers Inseraten auch eines des Kinderhilfswerks Save the children (Hitler war Halbwaise), des Projekts Interreligiöses Reisen, des Internethändlers Zalando sowie der Modekette Esprit.

Auf der Website findet sich kein rassistischer, antisemitischer oder rechtsextremer Inhalt. Vielmehr hat Massat die Website mit der Wikipedia-Biografie Hitlers gefüllt. Dennoch sind Googles Werbekunden unzufrieden mit der Platzierung auf einer Website mit diesem Domain-Namen. «Eine Sauerei», fand das beispielsweise Hartmut Haas vom Haus der Religionen in Bern, welches das Projekt Interreligiöses Reisen unterstützt.

Google Deutschland blieb untätig

Klüger war weniger überrascht. Dem Reisefachmann ist Ähnliches schon in Deutschland passiert. Dort fand sich seine Werbung auf Seiten mit rechtsextremen Inhalten. Genauso erging es gemäss Klüger sogar dem israelischen Fremdenverkehrsamt in Berlin. Google Deutschland habe auf seine Intervention jedoch nichts unternommen. «Google weigert sich, sich dieser Problematik anzunehmen», so Klüger. Man habe ihm stattdessen einfach gesagt, dass man da nichts machen könne. «Ich weigere mich, das zu glauben.»

Klüger hat recht: Nach einer entsprechenden Anfrage der «Südostschweiz» bei Google zu www.adolf-hitler.ch war gestern Morgen keine Werbung mehr auf der Website geschaltet. Google sperrte die Seite für von ihm vermittelte Werbung. «Wir haben in unseren Programmrichtlinien Inhaltsvorgaben, die definieren, welche Webseiten für eine Anzeigenschaltung angemessen sind. So werden beispielsweise auf Seiten mit kritischem Content keine Anzeigen ausgespielt», bestätigte ein Sprecher von Google Schweiz. «Wenn wir bemerken, dass Anzeigen auf Webseiten erscheinen, die gegen unsere Programmrichtlinien verstossen, veranlassen wir das entsprechend Nötige.»

Schwierige Überwachung

Massat betonte auf Nachfrage, dass er von Google nicht über die Sperrung informiert worden sei. Wie schwierig es für Google ist, das Werbegeschäft zu überwachen, zeigt sich darin, dass sich auf der ebenfalls von Massat betriebenen Website www.national sozialismus.ch gestern noch Inserate von Anbietern von Israel-Reisen, des Projekts Interreligiöses Reisen, Zalando, Esprit sowie des Telekomminationsunternehmens UPC Cablecom fanden.