Deutsche Neonazi-Gruppe «Die Unsterblichen» nutzt Internet-Server in der Schweiz

SonntagsZeitung vom 04.03.2012

Aufmarsch im zürcherischen Hombrechtikon steht im Zusammenhang mit der militanten Bewegung

Zürich Die militante deutsche Neonazi-Gruppierung «Die Unsterblichen», bei der die Hamburger Polizei am vergangenen Freitag Sprengstoff und Waffen gefunden hat, nutzt Server in der Schweiz. Das zeigen Recherchen der SonntagsZeitung. Vieles deutet zudem darauf hin, dass der rechtsextreme Aufmarsch in Hombrechtikon ZH vom 13. Februar in Zusammenhang mit der neuen Organisation steht.

«Die Unsterblichen» wollen laut eigenen Angaben die Demokratie durch einen völkischen Führerstaat ersetzen. Im Untergrund veranstalten sie brutale Kämpfe unter sich, und sie finden immer mehr Anhänger in ganz Deutschland. Allein in den letzten Monaten marschierten die Anhänger der mysteriösen Gruppierung über 20-mal auf. Im Internet kursieren zahlreiche Videos ihrer Aktionen mit teilweise mehreren Hundert Neonazis.

Der deutsche Verfassungsschutz ist alarmiert, die Behörden gehen hart gegen die Bewegung vor. Seit Anfang Jahr fanden in sieben Bundesländern Razzien statt, die Polizei durchsuchte mehr als 50 Wohnungen.

Den Hintermännern der Organisation dienen die zwei Internetseiten spreelichter.info und werde-unsterblich.info als Schaltzentralen, wie aus einem Bericht des brandenburgischen Verfassungsschutzes hervorgeht. Beide Plattformen sind beim Anbieter Softronics in Jona registriert – unweit von Hombrechtikon. Gemäss dem Bericht ist der geschickte Einsatz neuer Medien der «Unsterblichen» für die rechtsextreme Szene richtungweisend. Die Organisation gilt als neuer Prototyp neonazistischer Organisation. Erschwerend für die Ermittler ist, dass sich die Aktivisten über interne Kommunikationsnetze verabreden. Dafür nutzen die Drahtzieher die Serverstrukturen von Softronics. Die Firma stellt ihren Zugang zum Internet über das Netz der UPC Cablecom sicher.

Die Polizei tappt im Fall Hombrechtikon im Dunkeln

Konfrontiert mit den Recherchen hat der Schweizer Kabelnetzbetreiber jetzt reagiert: «Wir sind mit dem betroffenen Unternehmen in Kontakt getreten», sagt Sprecher Andreas Werz. Den Fall habe man zudem an die interne Abteilung weitergeleitet, die mit dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) in Kontakt stehe. Der Provider Softronics will die Seiten laut eigenen Angaben prüfen.

Die Aufmärsche der «Unsterblichen» laufen immer nach dem gleichen Muster ab. Weiss maskiert, schwarz gekleidet und mit brennenden Fackeln marschieren sie im Schutz der Dunkelheit unangemeldet auf. Der Spuk dauert oft nur wenige Minuten, die Polizei kommt meist zu spät. So, wie in Hombrechtikon, als rund 50 Neonazis mit einem unbewilligten Fackelmarsch der Opfer der Bombardierung von Dresden während des Zweiten Weltkriegs gedachten. In einem Forum deutscher Neonazis tauchten unter dem Titel «Die Unsterblichen» Bilder der Aktion auf. Laut einem Mitglied der Szene soll die Kundgebung an der Goldküste als Startschuss für die Bewegung in der Schweiz gedient haben.

Die Zürcher Polizei tappt diesbezüglich noch immer im Dunkeln. «Es ist erstaunlich, wir haben nur aus den Medien Kenntnis von diesem Vorfall», sagt Stefan Oberlin, Sprecher der Kantonspolizei Zürich. Weder die Schweizer noch die deutschen Behörden wollten sich zu einem möglichen Zusammenhang äussern. Laut brandenburgischem Verfassungsschutz ist es möglich, dass «Die Unsterblichen» Nachahmer in der Schweiz finden.