Tages-Anzeiger vom 02.03.2012
Der Fackelzug von Neonazis in Hombrechtikon beschäftigt nun die Politik. Der Regierungsrat muss Stellung nehmen. Während die Organisatoren nach wie vor unbekannt sind, kennt man im Dorf die Rechtsextremen gut.
Jvo Cukas, Simon Eppenberger
Ein Augenschein vor Ort in Hombrechtikon zeigt, dass im Dorf bekannt ist, wer zur rechten Szene gehört. Einer Gruppe junger Männer, die vor einem Kiosk stehen, sind Mitglieder der Neonazi-Band Amok bekannt. Dieser werden Verbindungen zum weltweiten Netz Blood and Honour zugewiesen. Zwei der Mitglieder wohnen in Hombrechtikon und Umgebung.
Gut vernetzt
Sie fallen aber nicht auf, sagt ein junger Mann. Früher seien die Neonazis präsenter gewesen, jetzt würden sie sich unauffälliger verhalten. Früher tranken sie in der Krone ihr Bier. «Jetzt treffen sich die Neonazis in einer Bar in Jona.» Dort tauchen die Rechtsextremen regelmässig auf, wie ein Stammgast vor Ort bestätigt. «Sie verhalten sich ruhig und fallen nicht weiter negativ auf», heisst es in der Bar.
Die wenigen Neonazis sind offenbar aber sehr gut vernetzt. Sie seien durch die engen Kontakte innerhalb der rechtsextremen Szene im Stande, Dutzende Gleichgesinnte zu mobilisieren, wie jemand aus der Region sagt. Das war am 13. Februar der Fall. Damals nahmen rund 50 Rechtsextreme am Fackelzug teil, um an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 zu erinnen.
Bundesnachrichtendienst sagt nichts
Stehen also Mitglieder der Band Amok hinter dem Fackelzug im oberländer Dorf? Beim Nachrichtendienst des Bundes, welcher die rechte Szene beobachtet, will man auf Anfrage keine Informationen zu einzelnen Gruppen öffentlich machen und verweist auf einen – in den letzten Jahren jeweils sehr allgemein gehaltenen – Bericht zum Extremismus in der Schweiz. Dieser wird erst im Mai veröffentlicht. Auch die Kantonspolizei hat keine neuen Erkenntnisse zum Fackelzug, wie Sprecher Stefan Oberlin erklärt. «Bisher hat sich kein einziger Zeuge zum Fall gemeldet.»
Laut Rechtsextremismusexperte Hans Stutz ist zwar möglich, dass Mitglieder der Band den Fackelzug mitinitiierten. Hinweise gebe es aber keine. «Ich halte dies sogar eher für unwahrscheinlich.» Ganz allgemein sei es in den letzten Jahren im Kanton Zürich ruhiger geworden, was grössere Gruppierungen Rechtsextremer betreffe. So sei auf dem Infoportal der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) nicht mehr besonders viel Aktivität zu verzeichnen. Von kleineren Gruppen höre man so gut wie gar nichts mehr.
Mehr Cliquen statt Grossgruppen
Einzig für die Europäische Aktion (EA) rund um den Holocaust-Leugner Bernhard Schaub, seien verschiedene Zürcher aktiv. «Dort laufen in der Schweiz alle Fäden zusammen», meint Stutz. Allerdings sei auch hier unklar, ob der Fackelzug in Hombrechtikon mit der Gruppe in Verbindung gebracht werden könne. «Viele junge Rechtsextreme bewegen sich heute nicht mehr in grösseren Gruppierungen, sondern funktionieren mehr als regionale Cliquen.» Eine genaue Zahl rechtsextrem Orientierter im Kanton Zürich kann Stutz aber nicht nennen.
Ob die Interpellation der beiden Kantonsrätinnen nun also Licht ins Dunkel der rechten Szene bringen kann, ist fraglich. Auch der Regierungsrat wird wohl nur beschränkt mehr Zugang zu Informationen haben, welche die Hintergründe des Fackelzuges näher beleuchten könnten.