Der Bund vom 04.10.2011
Die Schweizer Demokraten schliessen den Berner Nationalratskandidaten Jonas Schneeberger wegen eines Nazi-Fotos aus.
Martin Zimmermann
Das Foto sorgte in den vergangenen Tagen für Negativ-Schlagzeilen in der Presse: Nationalratskandidat Jonas Schneeberger aus Niederried posiert mit erhobenem rechtem Arm vor der Aufnahme eines Leichenbergs. Das Bild wurde im KZ Buchenwald in Weimar gemacht – angeblich «2003 oder 2004», wie Schneeberger vorgestern gegenüber der «Sonntagszeitung» sagte. Er bereue die Tat. Von braunem Gedankengut habe er sich längst distanziert. Für Schneebergers Partei, die Schweizer Demokraten (SD), kommt dieser Hitlergruss im ungünstigsten Augenblick: Sie kämpft seit dem Verlust ihres letzten Nationalratssitzes vor vier Jahren gegen die Bedeutungslosigkeit. In der Parteizentrale versucht man, den Schaden zu begrenzen: «Wir haben sofort ein Ausschlussverfahren eingeleitet», sagt Generalsekretär Adrian Pulver dem «Bund». Schneeberger sei nun nicht mehr länger Parteimitglied. Von der Wahlliste könne man ihn aus rechtlichen Gründen «leider nicht mehr streichen». Schneeberger figuriert auf dem zweitletzten Platz der 13-köpfigen Liste. Daher glaubt Pulver nicht, dass der 28-Jährige grosse Wahlchancen hat. Die Partei macht nicht zum ersten Mal mit fragwürdigen Aktionen ihrer Mitglieder auf sich aufmerksam: So hat etwa Bernhard Hess, der letzte SD-Nationalrat, laut «Sonntagszeitung» Veranstaltungen der völkischen Avalon-Gemeinschaft besucht. Die offizielle Position der SD ist, dass man mit Extremisten nichts am Hut habe. Deshalb wurde 2005 ein Merkblatt ausgearbeitet, welches helfen soll, rechtsextreme und rassistische Tendenzen bei Beitrittswilligen zu eruieren. Schneeberger sei allerdings schon seit 2003 Mitglied, so Pulver. Dennoch stellt sich die Frage, wie die extremistischen Tendenzen eines Parteigängers so lange verborgen bleiben konnten. Pulver: «Er war halt nie ein besonders aktives Mitglied. Er wurde nur auf die Liste gesetzt, um sie aufzufüllen.»
Hitlergruss wohl nicht strafbar
Derzeit sind weder bei der Bundesanwaltschaft noch bei der Staatsanwaltschaft Bern Oberland Verfahren vorgesehen. Die örtliche Zuständigkeit liege bei den deutschen Behörden, heisst es bei Letzterer auf Anfrage – in Deutschland kann der Hitlergruss eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren nach sich ziehen. Hierzulande haben National- und Ständerat erst kürzlich eine Verschärfung des Rassismusgesetzes abgelehnt. Solange mit Nazisymbolik keine Propaganda betrieben wird, ist diese nach wie vor nicht strafbar. Hans Stutz, ein Luzerner Journalist und Beobachter der rechtsextremen Szene, stiess bei seinen Recherchen bereits vor längerer Zeit auf Schneebergers Foto. Er glaube nicht, dass dessen Auftritt bei der heutigen Rechtslage in der Schweiz strafrechtlich relevant sei, sagt er auf Anfrage. Stutz stellt seit den Siebzigern eine Verschiebung weg vom biologistischen Rassismus der Nazis hin zu einer kulturalistischen Fremdenfeindlichkeit fest. Fremde Kulturen seien mit der eigenen unvereinbar und sollten sich nicht vermischen, so das Argument dieser Neuen Rechten. Von Fällen wie dem Hitlergruss distanzierten sich Schweizer Rechtsparteien daher meistens postwendend.