Neue Luzerner Zeitung vom 12.03.2011
Markus Zwyssig
Das Bundesgericht stützt das Obergericht Uri. Die Verurteilung eines Rütli-Redners wegen Rassendiskriminierung sei richtig gewesen.
Das Bundesgericht in Lausanne weist in einem gestern veröffentlichten Urteil die Beschwerde eines 31-jährigen Berners ab. Dieser ist ein führendes Mitglied der rechtsextremen Szene und hatte am 5. August 2007 auf dem Rütli vor 300 Gleichgesinnten eine Rede gehalten. «Wir leben in einer Zeit, in der die Lüge regiert», so der Berner. Und weiter: «Das Antirassismusgesetz wurde installiert, um eine geschichtliche Lüge zu stützen.» Zudem nahm er Bezug auf einen vor ihm sprechenden Westschweizer, der bereits als Holocaust-Leugner verurteilt worden ist. «Wenn man bedenkt, was er alles durchmachen musste, um für die Wahrheit zu kämpfen, danken wir ihm mit Applaus», forderte er die Menge auf.
Das Obergericht Uri hat den 31-jährigen Berner der Rassendiskriminierung und der Nachtruhestörung schuldig gesprochen. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von acht Tagessätzen à 100 Franken. Eine Busse von 200 Franken war ihm aufgebrummt worden, weil er am 28. Dezember 2007 in Burgdorf Lärm verursacht und die Nachtruhe gestört hatte. Nun stützt das Bundesgericht in Lausanne das Urner Urteil. Die Gerichtskosten von 2000 Franken gehen ebenfalls zu Lasten des Beschwerdeführers.
Meinungsfreiheit nicht verletzt
Die Verurteilung verstosse nicht gegen die Meinungsäusserungsfreiheit, hält das Bundesgericht in seiner Begründung fest. «Die Leugnung des Holocaust ist geeignet, unmittelbar den öffentlichen Frieden zu stören, und sie beeinträchtigt mittelbar die Würde der Juden.» Die Strafbarkeit sei daher in einer demokratischen Gesellschaft notwendig zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz der Moral.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Rede davon spreche, das Antirassismusgesetz sei nur erlassen worden, um eine «geschichtliche Lüge» zu stützen, ergebe sich daraus klar erkennbar, dass er sich inhaltlich auf den Völkermord der Juden unter dem NS-Regime beziehe und diesen Völkermord als historische Lüge abtue, ihn also leugne.
Die Umstände, dass es sich bei der Veranstaltung vom 5. August 2007 um einen über das Internet organisierten Event handelte, die teilnehmenden Personen sich offenkundig politisch nahe standen und zumindest teilweise eine Gesinnungsverwandtschaft aufwiesen, vermögen für sich keine Privatheit zu begründen. «Im Übrigen hielten sich zur Zeit der Veranstaltung auch Polizisten, mehrere Medienschaffende und unbeteiligte Besucher auf dem Rütli auf.» Das Obergericht Uri habe daher zu Recht das Kriterium der Öffentlichkeit bejaht.
Markus Zwyssig