Fusstritte an der Chilbi liessen sich nicht beweisen

Tages-Anzeiger vom 17.11.2010

Die Beweislage war dünn. Deshalb sprach das Gericht den Angeklagten vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung frei.

Patrick Gut

Schönenberg/Horgen – An der Chilbi in Schönenberg war es im Sommer 2009 zu einer Rauferei zwischen jungen Erwachsenen gekommen. Einer der Beteiligten, ein damals 17-jähriger Schüler aus Wädenswil, wurde am Boden liegend mit Fusstritten gegen den Hinterkopf und in den Rücken traktiert. Dabei erlitt er Blutergüsse am Hinterkopf. Für die Fusstritte soll ein heute 19-jähriger Handwerkerlehrling aus Richterswil verantwortlich sein. Er musste sich gestern wegen versuchter Körperverletzung und Tätlichkeiten vor dem Horgner Bezirksgericht verantworten.

Er habe als 16-Jähriger in Wädenswil ein paar Lampen demoliert und sei dafür mit zwei Tagen gemeinnütziger Arbeit bestraft worden, gab der Handwerkerlehrling zu Protokoll. Sonst sei er noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die ihm vorgeworfene Tat stritt er ab. Es sei zuerst zu einem verbalen Streit gekommen am Rande der Schönenberger Chilbi, er selber habe sich im Hintergrund gehalten. Dann seien auch Ohrfeigen ausgeteilt worden. Worum es beim Streit gegangen sei, wisse er nicht mehr.

Weshalb Stahlkappenschuhe?

An dieser Stelle hakte der Richter nach: «War die Division Helvetia, bei der Sie Mitglied sind, ein Thema?» Der Angeklagte bestätigte diese Vermutung nicht. Der Richter wollte es noch etwas genauer wissen: Ob es sich bei der Division Helvetia um eine rechtsextreme Gruppierung handle, fragte er. «Weniger», meinte der Lehrling bloss. Es sei eine Gruppe von fünf oder sechs Kollegen. «Eher patriotisch gedacht.» Inzwischen habe man sich aufgelöst. Der Richter hakte nach: Ob er mit seinen Kollegen an die Chilbi gegangen sei, um eine Schlägerei zu provozieren? «Weniger», entgegnete der Angeklagte auch auf diese Frage.

Ungewöhnlich erschien dem Richter, dass der junge Mann mitten im Sommer an einer Chilbi Stahlkappenschuhe getragen hatte. «Bei der Arbeit habe ich immer diese Schuhe getragen und sie waren mir sehr bequem. Zudem bekam ich von den Turnschuhen Schweissfüsse», sagte der Angeklagte. So habe er die Schuhe halt auch in der Freizeit getragen.

Der Richter konfrontierte den Lehrling mit den Aussagen einer Zeugin, die bei einer Befragung den Angeklagten als Täter identifizierte, bei einer zweiten Befragung aber unsicher war. Der Angeklagte blieb bei seiner Darstellung, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Nach kurzer Beratung sprach das Gericht den Lehrling vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung frei. Die Zeugenaussagen seien diffus und teilweise widersprüchlich, und es ergebe sich kein schlüssiges Bild vom Vorfall.

Teleskop-Schlagstock im Auto

Gänzlich ungeschoren kam der Angeklagte doch nicht davon. Er war diesen Sommer mit einem Teleskop-Schlagstock im Handschuhfach seines Wagens erwischt worden. Damit hat er gegen das Waffengesetz verstossen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer geringfügigen Geldstrafe. Der beschlagnahmte Schlagstock dient nun der Zürcher Kantonspolizei zu Ausbildungszwecken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Division Helvetia

Braune Gruppierung

Die Bezeichnung «Division Helvetia» taucht im Internet im Zusammenhang mit rechtsextremen Gruppierungen auf. Hans Stutz, Journalist und Experte auf dem Gebiet des Rechtsextremismus, erwähnt die Division Helvetia etwa in seiner Liste mit Meldungen zu Rechtsextremismus und Rassismus in der Schweiz. In einem einschlägigen Forum taucht ein Nutzer mit diesem Namen auf. Auf der Website «Blick nach rechts», welche nach eigenen Angaben über das rechtsextreme Spektrum berichtet und Rechtsextremismus bekämpft, findet die Division Helvetia ebenfalls Erwähnung. Und zwar im Zusammenhang mit einem Neonazi-Skinhead-Treffen in Thüringen im September 2009. Unklar ist, ob es sich bei der Division Helvetia um verschiedene Gruppierungen mit dem gleichen Namen handelt. (pag)