St. Galler Tagblatt vom 21.10.2010
Gerade wurde ein ausländerfeindlicher 22jähriger Liechtensteiner zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Dennoch ist erneut ein Flugblatt mit rechtem Gedankengut aufgetaucht.
Schon wieder ist ein anonymes Flugblatt aus der rechtsextremen Szene am Sonntag in Liechtensteins Briefkästen gelandet, wie das «Liechtensteiner Vaterland» schreibt. Dies, obwohl die Behörden und auch ein Grossteil der Bevölkerung in den vergangenen Monaten verstärkt klare Signale gesetzt hätten, dass rechtsextreme Phänomene nicht toleriert würden, wie die Zeitung schreibt.
Verfasser sind vorsichtig
Die Verfasser des Schreibens drücken sich erneut sehr vorsichtig aus – ein Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm liege deshalb vermutlich nicht vor. So kann die Staatsanwaltschaft auch in diesem Fall nicht aktiv werden. Allerdings werden die unbekannten Verfasser bei der Regierung angezeigt – «denn wieder fehlt ein Impressum, was gegen das Mediengesetz verstösst», hält das «Vaterland» fest.
Zeugen gesucht
Dass die Verfasser mit einer Anzeige wegen des Verstosses gegen das Mediengesetz rechnen müssen, bestätigte Tina Enz, Sprecherin der Landespolizei. Die Ermittlungen zum Flugblatt laufen und das Schreiben müsse nun noch genau auf den Inhalt geprüft werden. «Noch ist unklar, ob ein Straftatbestand vorliegt», so Enz. Dies entscheide die Staatsanwaltschaft. Falls ja, werde die Polizei in jedem Fall mit den weiteren Ermittlungen beauftragt. Die Landespolizei sucht derzeit nach Personen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag Verdächtiges beobachtet haben oder Hinweise zu den Verteilern machen können.
«Wir warten die Anzeige der Landespolizei ab», sagt der Leitende Staatsanwalt Robert Wallner, der das Flugblatt auch im eigenen Briefkasten vorgefunden hat. Nach einer ersten Sichtung des Textes auf dem neuen Flugblatt könne der Verdacht auf Rassendiskriminierung nicht bestätigt werden. «Eine abschliessende Beurteilung nehmen wir aber erst nach Vorliegen der Anzeige der Polizei vor», sagt Wallner.
Einer, der das Flugblatt nicht im Briefkasten vorgefunden hat, ist der Politologe Wilfried Marxer. Er vermutet, dass die Flugblätter aus den gleichen Kreisen stammen wie in den Jahren 2006, 2007 oder 2009.
Solche Flugblattaktionen liessen sich wohl auch in Zukunft nicht wirklich verhindern. Er wolle die rechtsextremen Tendenzen zwar keineswegs verharmlosen, habe aber auch Vertrauen in die Demokratie. (red.)