Liechtensteiner Vaterland vom 14.10.2010
Noch immer zieht die Schlägerei am Oktoberfest in Mauren vor zwei Jahren strafrechtliche Folgen mit sich. Die Geschehnisse wurden gestern erneut vor dem Obergericht aufgerollt.
Bettina Stahl-Frick
«Einmal mehr befasste sich das Gericht gestern mit den strafrechtlichen Folgen der Massenenschlägerei in Mauren vor einem Jahr» (Vaterland, Ausgabe vom 19. November, 2009). Mit diesem Satz könnte auch dieser Artikel beginnen – nur muss es diesmal heissen: «… vor über zwei Jahren». Denn noch immer konnte der Fall nicht ad acta gelegt werden. Zum wiederholten Male wurden die Geschehnisse in der besagten Nacht vom 20. auf den 21. September 2008 aufgerollt, während die Erinnerungslücken der Beteiligten immer grösser werden. Der gesamte Prozess wurde verfahrensmässig aufgegliedert und zwischenzeitlich konnten auch schon einige Berufungspunkte erledigt werden. Wer genau wie und wo in der Massenschlägerei involviert war, konnte bislang nicht vollständig aufgeklärt werden. So auch der Fall von zwei Schweizern, die in jener Nacht als mutmassliche Rädelsführer des Raufhandels verhaftet wurden. Beide erschienen gestern zur Berufungsverhandlung.
Eine lange Prozessgeschichte
Die zwei Angeklagten haben bereits eine lange und für sie unvergessliche Prozessgeschichte hinter sich: Mehrmals wurden sie zu dem Sachverhalt vernommen, sassen in Untersuchungshaft und mussten Schuldsprüche über sich ergehen lassen. Ausser bei der vergangenen Berufungsverhandlung, bei der die Geschichte für den Erstbeschuldigten gut ausging: Vom Vorwurf, eine strafbare Handlung nicht verhindert zu haben, wurde er im November vergangenen Jahres freigesprochen. Doch auch dieser Freispruch ersparte ihm einen weiteren Gang ins Gericht nicht: Der Staatsanwalt akzeptierte den Entscheid des Senats nicht und legte beim Obersten Gerichtshof Berufung ein. Dieser verfasste eine rechtliche Beurteilung, worauf sich gestern der zweite Senat des Berufungsgerichtes stützen konnte. Letzterer kam schliesslich zum Entscheid, dass die Beweislage für einen Schuldspruch nicht ausreicht und es demnach für den Erstbeschuldigten beim Freispruch bleibt. Ganz ungeschoren kam er allerdings nicht davon: Wegen Beteiligung am Raufhandel, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung wurde der junge Mann in einer vorgängigen Verhandlung zu einr bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 1800 Franken rechtskräftig verurteilt.
Urteil bestätigt
Härter fiel die Bestrafung für den Zweitbeschuldigten aus: Wegen Beteiligung am Raufhandel kassierte er eine bedingte Haftstrafe von sechs Monaten. Ausserdem muss er eine Geldstrafe von 5400 Franken bezahlen. So entschied das Obergericht im November vergangenen Jahres. Wegen Beitragstäterschaft der schweren Körperverletzung wurde der Zweitbeschuldigte damals freigesprochen. Auch dieser Entscheid wurde vom Staatsanwalt angefochten, er konnte gestern aber nichts erreichen. Der zweite Senat beliess es beim Freispruch, womit es auch bei der einst verhängten Strafe von 5400 Franken und dem bedingten Freiheitsentzug bleibt.
Ob damit der Fall nun endgültig als verhandelt gilt, steht noch nicht fest. Legt der Staatsanwalt oder die Verteidigung erneut Revision ein, geht der Prozess vor dem Obersten Gerichtshof weiter.
Streit eskaliert
Auslöser für die nun schier unzähligen Verhandlungen ist das Oktoberfest in Mauren vom September 2008. Während des Festes eskalierte ein Streit zwischen einer Gruppe von Rechtsextremen und einer Gruppe von Jugendlichen mit türkischem Migrationshintergrund. Ein Polizist, der in die Auseinandersetzung eingreifen wollte, wurde durch einen Steinwurf am Kopf verletzt. Ebenfalls zog sich ein junger Mann aus Liechtenstein schwere Verletzungen zu.