Sonntag vom 26.09.2010
Laut Giusep Nay wird das Bundesgericht die Baubewilligung in Langenthal stützen. Trotz Verbot: Der Kanton Bern hat diese Woche entschieden, dass die Baubeschwerde gegen das Minarett in Langenthal abgelehnt wird. Der sechs Meter hohe Turm auf dem Dach des Islamischen Zentrums darf gebaut werden. Die Bewilligung sei vor der Volksabstimmung erteilt worden, begründet das Departement von Regierungsrätin Barbara Egger (SP) diesen Entscheid.
Für Alt-Bundesgerichtspräsident Giusep Nay ist klar: Das Bundesgericht wird nach ständiger Praxis den Berner Entscheid stützen müssen: «Die Regeln sind für alle solche Fälle die gleichen und grundsätzlich klar», sagt Nay. «Die Baubewilligung ist wegen des neuen Rechts nicht plötzlich nichts mehr wert.» Neue gesetzliche Bestimmungen würden nur «in Ausnahmefällen» rückwirkend angewandt, wenn das allgemeine Wohl das gebiete: «Bauwillige planen und tätigen unter Umständen sehr grosse Investitionen. Sie müssen daher auf das geltende Recht vertrauen dürfen.» Es gelte der Grundsatz «des Vertrauensschutzes der Bauherren». Auch das Volk als Verfassungsgeber könne diesen wichtigen Grundsatz der Bundesverfassung nicht in einem Einzelfall missachten, «schon gar nicht mit einem die Religionsfreiheit verletzenden Verbot», so Nay.
Die Initianten des Minarettverbots haben bereits angekündigt, dass sie die Baubewilligung nicht auf sich sitzen lassen. Sie wollen den Berner Entscheid bis vor Bundesgericht anfechten und notfalls mit Sitzblockaden das Auffahren der Bagger verhindern.
Der Ton der Auseinandersetzung hat sich inzwischen verschärft. Für nächsten Samstag ruft eine Gruppe mit dem Namen «Stopp dem Minarett in Langenthal» auf der Internet-Plattform Facebook zu einer Demonstration vor dem Islamischen Kulturzentrum auf. Die Veranstalter fordern die Teilnehmer auf, sich zu vermummen. Gleichzeitig nehmen sie Bezug auf einen Protestmarsch in Sempach, wo 2008 mehrere hundert Rechtsradikale demonstrierten.
Bisher haben sich 30 Personen für die Demo angemeldet, darunter junge Männer, die auf Bildern mit kahlrasierten Köpfen, Springerstiefeln und Schweizer Fahne posieren. Mit Willi Frommenwiler hat auch ein ehemaliger Nationalratskandidat der Freiheits-Partei seine Teilnahme zugesagt.
Neben dem Demo-Aufruf wurde eine Online-Petition gestartet, die bisher gut 200 Personen unterschrieben haben. Lanciert wurde diese Aktion gemäss «Berner Zeitung» von einem Mann, der Sympathien zur rechtsextremen Szene hegen soll.
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) weiss von der geplanten Demo in Langenthal, wie NDB-Sprecher Felix Endrich bestätigt. Alles Weitere sei Sache der Berner Polizei. Die Gemeinde Langenthal hat bisher keine Kenntnis vom geplanten Aufmarsch. Ein Bewilligungsgesuch liege nicht vor, hiess es auf der Gemeindeverwaltung.
Auch die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer (Pnos) macht gegen das bewilligte Minarett mobil. «Wir werden aktiv gegen diese Entscheidung vorgehen. Ab nächster Woche führen wir diverse Aktionen durch», sagt Pnos-Sprecher Dominic Lüthard gegenüber dem «Sonntag». Zur Diskussion stehe auch eine Demonstration: «Wir werden nächste Woche prüfen, ob wir ein Demogesuch einreichen wollen.»
Nadja Pastega