Luzerner Wir-Gefühl stärken

Willisauer Bote vom 17.6.2010

Sempacher Gedenkfeier – Projektgruppe legt ein Grobkonzept vor

«Luzern begegnet sich» heisst das künftige Motto der Sempacher Gedenkfeier. Der Anlass soll «eine Plattform für mannigfaltige Begegnungen» werden.

 

Stefan Calivers

Staatsschreiber Markus Hodel stellte als Leiter der zuständigen Projektgruppe am Mittwoch das Grobkonzept vor. Der Regierungsrat hatte es zuvor genehmigt und der Projektgruppe den Auftrag erteilt, bis Ende Jahr ein Detailkonzept auszuarbeiten.

Der Gedenkanlass für die Schlacht von 1386 zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern diente in den letzten Jahren rechten und linken Radikalen als Aufmarschbasis – mit wachsendem Polizeiaufgebot. Sempach löste damit das Rütli ab, wo die Situation am 1. August entschärft werden konnte. 2009 hatte man in Sempach genug vom Radau. Für 2010 beschloss die Kantonsregierung eine «Schlachtfeier light» und eine Denkpause.

Traditionelles und Neues

Geht es nach dem Willen der Projektgruppe, soll die Sempacher Gedenkfeier künftig zu einem Forum werden, «das den Dialog des Kantons mit seiner Bevölkerung, mit seinen Regionen, mit seinen Nachbarn, mit der Schweiz fördern will». Unter dem Motto «Luzern begegnet sich» soll die Gedenkfeier eine Plattform für mannigfaltige Begegnungen werden und zu einem Forum zu den «zentralen Fragestellungen zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft» des Kantons, wie Markus Hodel betonte. Auch eine vielfältige musikalische Präsentation und die Darstellung der Regionen des Kantons sind angesagt, eventuell eine Jugendlandsgemeinde.

Traditionelle Anlässe sollen dabei durchaus weitergeführt werden, wenn auch zum Teil in neuer Form. So findet ein ökumenischer Gedenkgottesdienst mit anschliessendem Umtrunk statt und auch der Sempacherlauf behält seinen Platz. Der Festumzug soll in ein Mittelalter-Fest umgestaltet werden, in das allenfalls das Morgenbrot und das herkömmliche Städtlifest integriert werden können. «Wir möchten das Wir-Gefühl der Kantonsbevölkerung stärken», fasst Staatsschreiber Markus Hodel zusammen.

Zur Ausarbeitung des Detailkonzeptes werden als Projektleiter Wolfgang Wörnhard und als Verantwortlicher für den Bereich Musik Urs Näf engagiert. Sie klären ab, welche der Ideen aus dem Grobkonzept übernommen werden können und wie sich diese umsetzen lassen.

Das Fuder nicht überladen

Mit einbezogen in die Planung des neuen Konzepts wurde der Stadtrat von Sempach. Stadtpräsident Franz Schwegler ist zuversichtlich, die Sempacher Bevölkerung für die neue Form des Gedenktages gewinnen zu können, auch wenn ein gewisses Umdenken notwendig sei. Schwegler warnte aber davor, «das Fuder zu überladen». Man dürfe die örtlichen Organisatoren nicht überfordern.

Für Schwegler soll der Gedenktag weiterhin eine Mischung von Besinnlichkeit und Gemeinschaftserlebnis sein. «Es ist durchaus noch zeitgemäss, die Ungeheuerlichkeit und die Sinnlosigkeit des Krieges zu thematisieren», so der Stadtpräsident. Daneben soll der Anlass aber auch ein Fest im eigentlichen Sinne sein.

Untersuchung gegen Pnos

Die Luzerner Strafuntersuchungsbehörden haben gegen die rechtsextreme Pnos eine Voruntersuchung eingeleitet. Die Pnos hatte in einem Schreiben angekündigt, «Linksaktivisten» würden in den nächsten Monaten im Kanton Luzern «nichts zu lachen haben».

Hintergrund ist die diesjährige Schlachtjahrzeit in Sempach. Dabei besprayten Unbekannte das Winkelried-Denkmal mit dem Schriftzug «No Nazis». Die Schlachtfeier ist ein beliebter Treffpunkt der Rechtsextremen. Die Sektion Willisau der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) kündigte an, sie überlege sich, künftig die Gegenstände mit Sprengfallen zu sichern. Weiter drohte sie den «Linksaktivisten» an, sie müssten «Sippenhaftung» übernehmen.

Die Luzerner Polizei bestätigte Medienberichte, wonach gegen die Pnos eine Voruntersuchung eingeleitet wurde. Dabei geht es gemäss den Medienberichten etwa um Schreckung der Bevölkerung. Die Personen, die das Denkmal besprayten, sind laut Polizei noch nicht ermittelt. sda/WB

 

Nachgefragt

Markus Hodel Buttisholz, Staatsschreiber

Staatsschreiber Markus Hodel leitet die Projektgruppe, die vom Regierungsrat beauftragt war, ein neues Konzept für die Sempacher Gedenkfeier auszuarbeiten.

Die traditionelle Sempacher Gedenkfeier ist passé: Haben der Kanton und die Stadt Sempach vor den politischen Extremisten kapituliert?

Nein. Wir möchten in Zukunft eine Sempacher Gedenkfeier, welche einerseits ein breites Publikum und andrerseits wenig Sicherheitsrisikos aufweist. Der bisherige Fokus auf die Schlachtopfer ist eine einseitige, isolierte Betrachtung der Ereignisse von 1386. Wir möchten deshalb die Schlacht in Zukunft einbetten in den historischen Kontext, in die Entstehung des Territorialstaats Luzern. Spätestens seit 1986 weist die Forschung auf diese Umstände hin. Die Organisatoren der Sempacher Feiern hatten diesen Erkenntnissen auch in den vergangenen Jahren Rechnung getragen. Neu wird nun das Schwergewicht auf den Alltag im Mittelalter und auf die Entstehung des Kantons Luzern verlegt.

Ist die neue Form der Feier nicht völlig überladen mit Anlässen und Projekten?

Zurzeit liegt ein Grobkonzept vor, das eine Zusammenstellung verschiedener Ideen und Projekte ist. Es ist das erklärte Ziel, bis Ende dieses Jahres ein Detailkonzept vorzulegen, das einerseits vielfältig und andererseits nicht überladen ist. Der Grundgedanke ist jedoch, Sempach zu einem Forum zu machen, an dem die Luzerner Bevölkerung eingeladen ist, sich über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auszutauschen.

Kann die Feier mit diesem Konzept «entpolitisiert» werden oder drohen jetzt nicht erst recht Protestaktionen und Gegenveranstaltungen?

Wir gehen davon aus, dass die Neukonzeption der Sempacher Gedenkfeier für alle Bevölkerungskreise interessante Programmpunkte aufweist und werden darauf achten, dass Veranstaltungen wenig Sicherheitsrisiken bergen. Die Teilnahme des Luzerner Polizeikommandanten in der Projektgruppe stellt sicher, dass die Sicherheitsaspekte eingehend geprüft werden.

Gespräch Stefan Calivers