Neue Zürcher Zeitung vom 1.7.2010
Zweifel an Praxistauglichkeit in der Vernehmlassung
Christoph Wehrli
Der Bundesrat verzichtet darauf, dem Parlament eine Ergänzung des Strafgesetzbuches vorzulegen, die jede öffentliche Verwendung rassistischer Symbole strafbar machen würde. Im Vernehmlassungsverfahren waren unterschiedliche Meinungen geäussert worden. Bedenken, dass es bei der Anwendung, speziell etwa bei der Auslegung von Begriffen, zu Schwierigkeiten käme, waren indessen verbreitet.
Die Pläne für eine Ergänzung der 1994 vom Volk angenommenen Rassismus-Strafnorm gehen auf das Jahr 2000 zurück. Eine rechtsextreme Störaktion bei der Rütlifeier war für die damalige Bundesrätin Ruth Metzler Anlass, gesetzgeberische Gegenmassnahmen prüfen zu lassen. Nach einer ersten Konsultation und aufgrund eines parlamentarischen Auftrags ging vor fast genau einem Jahr ein neuer Entwurf in das Vernehmlassungsverfahren.
Das Ergebnis ist gemäss dem am Mittwoch publizierten Bericht relativ deutlich. Von den Parteien begrüsste nur die SP (im Gegensatz zu den Grünen) den Vorschlag. Die Kantone äusserten zwar mehrheitlich Zustimmung, oft aber nur mit Vorbehalten. Nach Meinung der Befürworter gilt es beim Schutz der Menschenwürde und des öffentlichen Friedens eine Lücke zu schliessen. Demgegenüber wird geltend gemacht, die neue Bestimmung könnte nur falsche Erwartungen wecken, zumal sie sich schwer anwenden und durchsetzen liesse. Die Begriffe – «rassistische Symbole, insbesondere Symbole des Nationalsozialismus oder Abwandlungen davon» – seien zu wenig bestimmt.
Die Einwände mit Blick auf die Praxis scheinen für das Justiz- und Polizeidepartement entscheidend gewesen zu sein. Die Forderung nach möglichst präzisen Strafnormen habe besonderes Gewicht, wenn die Meinungsäusserungsfreiheit beschränkt werden soll, heisst es in der Pressemitteilung. Dort wird auch daran erinnert, dass die Werbung mit rassistischen Zeichen bereits strafbar ist. Das dürften Gründe genug sein, dieses lange, wenig ergiebige Kapitel definitiv abzuschliessen.