Liechtensteiner Vaterland vom 27.2.2010
Der Anschlag auf ein türkisches Bistro in Nendeln steht in einer Reihe Gewalttaten, die in den vergangenen Monaten Liechtensteins Bevölkerung verunsicherten und verängstigten. Immer wieder ist auch von Rechtsradikalismus die Rede.
Janine Köpfli
Es ist gut drei Monate her, als zwei Brandanschläge in Nendeln für Schlagzeilen und ein ungutes Gefühl innerhalb der Bevölkerung sorgten. Es ist knapp vier Monate her, dass Unbekannte Plakate, die für Respekt gegenüber Schwulen und Lesben warben, verunstalteten und dass Flugblätter verteilt wurden, die gegen Ausländer und gegen fortschrittlich und modern denkende Bewohner Liechtensteins Stimmung machten. Und es ist noch nicht einmal einen Monat her, dass ein Jugendlicher einen türkischen Jungen in einem Liechtensteiner Bus verletzte. Bisher ist offen, ob diese Zwischenfälle einen rechtsextremen Hintergrund haben oder nicht. Weder die Polizei noch sonst eine offizielle Stelle wollen mögliche Gerüchte in diese Richtung schüren. Dennoch, die Gerüchteküche brodelt, die Leute reden und erzählen beängstigende Zwischenfälle, die scheinbar nie an die Öffentlichkeit gelangt sind – sie reden von Gewalt an Ausländern, von Zwischenfällen mit mutmasslichen Rechtsextremen, von Drohungen, von Angst.
Längst meldeten sich besorgte Eltern von Schülern der Realschule Eschen zu Wort und übten Kritik an Polizei und Behörden, dass zu wenig gegen Rechtsradikale getan werde. Der jüngste Brandanschlag in Nendeln dürfte diese Diskussion erneut entfachen. Die Ermittlungen der Landespolizei laufen auf Hochtouren, wie Jules Hoch, Chef der Liechtensteiner Kriminalpolizei, bestätigt. Auch im Fall des Brandanschlags von Freitag werde in alle Richtungen ermittelt. Noch sei es zu früh, um Aussagen über die Täterschaft zu machen. Er verstehe die Sorge der Bevölkerung und auch er ist der Meinung, dass etwas gegen die rechte Szene im Land getan werden müsse. Vor wenigen Tagen betonte er in einem Interview auf Radio L, dass Rechtsradikalismus sehr ernst genommen werde. Aus diesem Grund will die Gewaltschutzkommission bis Ende März einen Massnahmenkatalog zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus in Liechtenstein vorlegen.
Zeugenaufruf: Personen, die Hinweise zum Vorfall in Nendeln liefern können, werden gebeten, sich mit der Landespolizei unter Tel. +423/236 71 11 oder info@landespolizei.li in Verbindung zu setzen.
Welle der Gewalt
• 26. Februar: Brandanschlag auf türkisches Bistro
• 12. Februar: Jugendlicher verletzt türkischstämmigen Jungen in LBABus
• November 09: Zwei Brandanschläge auf Wohnhäuser in Nendeln
• November 09: ausländerfeindliche Flugblätter werden verteilt, Plakate, die für Respekt gegenüber Schwulen und Lesben werben, werden zerstört
• 9. September 09: Briefkasten einer Liechtensteiner Familie in Triesen wird gesprengt und ein Schafkopf wird hinterlassen
• September 08: Massenschlägerei zwischen Rechtsextremen und türkischen Jugendlichen am Oktoberfest in Mauren
• August 08: Rechtsextremer verletzt Touristin
• Frühling 08: Globalisierungsgegner stossen auf eine Gruppe der rechten Szene