Neue Zürcher Zeitung vom 27.1.2010
Nur noch ökumenischer Gottesdienst nach Nazi-Auftritten und Juso-Demo
Die Luzerner Regierung will die Sempacher Schlachtjahrzeit nur noch auf einen Gottesdienst beschränken. Dies wurde im Kantonsrat als Kniefall vor Extremisten gewertet, welche die Feier seit Jahren stören.
M. Merki
Nach den Auftritten rechter Extremisten und der Gegendemonstration von Jungsozialisten und linken Extremisten vor einem Jahr wird die Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach 1386 im Sommer nur noch in amputierter Form stattfinden. Statt einer würdigen Feier mit Rede, Auftritten von Schülern und der Begegnung zwischen Regierung und Bevölkerung am ehemaligen Schlachtort ausserhalb von Sempach soll im Sommer nur noch ein «schlichter Gottesdienst» stattfinden, wie die Luzerner Regierung am Dienstag im Kantonsrat bekanntgab. Die wachsende Präsenz von Rechtsextremen an der Feier rief 2009 die Jungsozialisten auf den Plan. Damit sich die beiden Gruppen nicht in die Quere kamen, war ein Polizeiaufgebot notwendig, das 300 000 Franken kostete, doppelt so viel wie ein Hochrisikospiel des FC Luzern.
Vom Wirbel und von der nationalen Aufmerksamkeit für die Glatzköpfe hat die Luzerner Regierung inzwischen genug. Erschwerend kommt dazu, dass im offenen Gelände der Schlacht das Konzept einer offenen, das heisst für alle zugänglichen und gleichzeitig sicheren Feier schwer aufrechtzuerhalten ist. Der Luzerner Bildungsdirektor Anton Schwingruber versuchte im Kantonsrat, die Rumpf-Feier als Weg zurück zu den Anfängen zu verkaufen; die bisherige Form habe es auch nicht immer gegeben. Wie die Feier 2011 gestaltet werden soll, wenn sich das Gedenken an die Schlacht zum 625. Mal jährt, ist noch offen. Eine Projektgruppe unter Staatsschreiber Markus Hodel soll diese knifflige Aufgabe lösen.
Sprecher der grossen Parteien geisselten die Ankündigung der Regierung im Kantonsrat als Kapitulation. Die Gesellschaft kapituliere vor Radikalen, sagte die Sprecherin der CVP. Für die SVP ist der Regierungsrat heimatmüde. Die FDP forderte eine Feier, zu der alle Zutritt hätten. Lob gab es von der Linken. Sempach sei zu einer rechtsradikalen Ersatzveranstaltung für das Rütli geworden. Die Feier hat sich in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Immer wieder waren anregende Redner, wie etwa der Schriftsteller Pirmin Meier, aufgetreten. Sie hatten dem Anlass ein Gepräge gegeben, das weit über eine schlichte Feier hinauswies.