Mit leichter Sehschwäche rechts

Aargauer Zeitung vom 10.06.2009

In Aarau war eine Neonazi-Demonstration zunächst bewilligt worden – aus Versehen

Für das kommende Wochenende war in Aarau bereits eine Demonstration rechtsradikaler Kreise bewilligt worden. Erst als die Stadtpolizei von aussen über die Organisatoren ins Bild gesetzt worden war, zog sie die Notbremse.

Urs Moser

Die Frau aus dem bernischen Wiedlisbach, welche die Homepage «gegen-kinderschaender.ch» betreibt und sich selber «Miitzi» nennt, sprach im April bei der Stadtpolizei Aarau vor, nachdem sie um eine Bewilligung für eine Demonstration nachgesucht hatte. Alles in Ordnung, befanden die Ordnungshüter. Wer sollte schon etwas dagegen haben, dass ehrbare Leute gegen Gewalt an Kindern auf die Strasse gehen? Die Demo hätte kommenden Samstagnachmittag stattfinden sollen. Daraus wird nichts, jedenfalls nicht legal. Die Demo sei zunächst zwar bewilligt worden, bestätigte Stadtpolizeichef Daniel Ringier auf Anfrage. Am 3. Juni habe man die Bewilligung aber widerrufen. «Rechtsextreme sollen in Aarau nie mehr eine Plattform bekommen», so Ringier.

Polizei wurde getäuscht

Rechtsextreme? Man habe zunächst nicht gemerkt, mit wem man es zu tun hatte, so Polizeichef Ringier: «Wir wurden getäuscht.» Erst durch einen Hinweis von aussen sei man dahintergekommen, was oder wer eigentlich hinter der seriös wirkenden Dame mit dem Spitznamen «Miitzi» steckt. Nämlich die gleichen Neonazi-Kreise, die schon 2007 Kapital aus der Ermordung eines kleinen Mädchens schlugen und in Appenzell aufmarschiert waren: Die Gruppe «Frei nationale Kameradschaft Schweiz-Germania», auch die bekannten Neonazis von «Blood and Honour» und die «Kameradschaft Baden-Wettingen» marschierten damals auf.

Gegenaktion von links

Im Internet wird nach wie vor auf die inzwischen verbotene Demo in Aarau hingewiesen. «Bitte achtet darauf, dass ihr nicht allzu extrem gekleidet zu Demos und Umzügen erscheint. Wir werden denke ich auch schon so genug für Aufruhr sorgen», heisst es da etwa. Gut möglich also, dass die Rechtsextremen nun doch in Aarau aufmarschieren werden. Man habe ein Augenmerk darauf, heisst es bei der Kantonspolizei nur, die inzwischen den Lead in der Sache übernommen hat.

So oder so wird es nun eine Gegenaktion geben. Juso, Grüne und Alternative Linke Aargau werden am Wochenende unter Mithilfe der Gewerkschaften Flyer und «Festbändel» mit der Aufschrift «Aarau schaut hin» verteilen. Jugendliche seien an die Unia mit dem Anliegen herangetreten, da helfe man natürlich gerne mit, sagt Gewerkschaftssekretär Serge Gnos dazu. Er sei ja zwar froh, dass man im Aargau seit der Pnos-Demo von 2005 rechtsradikale Aufmärsche konsequent verbiete. Aber dass es hier fast zu einer Panne gekommen wäre, da sei die Aarauer Stadtpolizei schon etwas naiv gewesen. Daher will man nun mit der Aktion «Aarau schaut hin» dazu aufrufen, gegen politischen Extremismus Stellung zu beziehen.