Neue Luzerner Zeitung
Zum Polizeieinsatz bei der Sempacher Schlachtfeier
Über die Verhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes an der diesjährigen Schlachtfeier in
Sempach kann man sich streiten.
Die Polizei hat wegen drei vermummter Personen 100
friedliche Demonstranten eine halbe Stunde lang eingekesselt. Am selben Abend hätte man,
wenn man schon von Verhältnismässigkeit spricht, eigentlich auch geschätzte 3000 Personen
wegen massiven Litterings am Luzerner Fest verzeigen müssen. Nach meinem Wissen sind ein
Verstoss gegen das Vermummungsverbot und Littering laut Gesetz ähnlich schwere Vergehen.
Vielleicht zeigt das aber auch nur die Fragwürdigkeit beider Gesetzesartikel auf.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Das wahre Problem der Schlachtfeier in Sempach ist
hausgemacht. Die Organisatoren haben es in den letzten Jahren verpasst, den immer
zahlreicher erscheinenden Rechtsextremen deutlich verständlich zu machen, dass sie hier nicht
erwünscht sind. Stattdessen konnten die Neonazis erfolgreich ihr Saubermann-Image pflegen,
sodass jetzt im Nachhinein nur von den bösen Linken die Rede ist. Eigentlich ist der Juso aber
zu danken, dass sie das Thema endlich in die öffentliche Diskussion gebracht haben. Denn es
darf nicht sein, dass die Geschichte schweigend dem braunen Sumpf überlassen wird. Gerade
eine Willensnation, wie es die Schweiz ist, braucht ihre Geschichte, um die verschiedenen
Minderheiten zu integrieren und ihnen einen gemeinsamen Nenner zu geben. Überlässt man
dieses Feld ignoranten und rassistischen Kreisen, bricht diese Brücke weg.
Es ist deshalb zu hoffen, dass die Organisatoren der Schlachtfeier nächstes Jahr einen Redner
einladen, der den Mut hat, den Rechtsextremen genau dies zu sagen. So wie damals Samuel
Schmid den Mut hatte, auf dem Rütli zu sagen, dass die Schweiz nur in der Zusammenarbeit
mit der EU eine Zukunft hat. Dass er daraufhin ausgepfiffen wurde, hat die Öffentlichkeit
aufgerüttelt und dafür gesorgt, dass das Rütli nicht einfach den Rechten überlassen wird. Und
dieses Bewusstsein muss auch bei der Schlachtfeier in Sempach erreicht werden.
Andreas Gantner, Luzern