Neue Luzerner Zeitung vom 22.10.2009
Die Bevölkerung von Sempach will sich die öffentliche Schlachtfeier nicht nehmen lassen. Der Kanton sagt: Das erhöht das Sicherheitsrisiko.Rahel Bühler
Wie weiter mit der Schlachtfeier? Eines der Szenarien, die der Kanton Luzern derzeit prüfen lässt: Die Feier an einen stillen Ort verlegen, ohne Umzug und vielleicht sogar unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit.
Davon hält die grosse Mehrheit der interessierten Sempacher Bevölkerung nichts. Das zeigte sich überdeutlich an einer öffentlichen Diskussion, welche die FDP- und die CVP-Ortspartei am Dienstagabend in Sempach organisierten. 120 Personen folgten dem Aufruf und kamen in die Festhalle, unter ihnen auch Vertreter der rechten Szene. «Die Bevölkerung hängt an der Schlachtjahrzeit. Lässt man den Umzug weg, ist das der erste Schritt zur Abschaffung der ganzen Feier», sagte Franz Schwegler, Stadtpräsident von Sempach. Einig war sich die Mehrheit der Anwesenden auch darin, dass die Schlachtfeier ein würdiges Fest für die ganze Bevölkerung sein soll und nicht als politische Plattform missbraucht werden darf.
Teure Sicherheitsmassnahmen
Auslöser der Aufregung ist die jüngste Austragung der Schlachtfeier vom Juni 2009: Rund 100 Juso-Leute und 260 Rechte nahmen daran teil. Die Folge waren ein massives Polizeiaufgebot, ein abgeriegeltes Städtchen sowie Kosten von 300 000 Franken, wie am Dienstag Markus Hodel mitteilte, der Luzerner Staatsschreiber und Vorsitzende der Kommission, die die Feier organisiert. Diese Ausgaben müsse der Kanton übernehmen. Die genauen Pläne des Kantons wurden am Dienstag nicht bekannt. «Ein Patentrezept haben wir noch nicht», bekannte Hodel. «Sicher ist aber, dass wir an der Durchführung der Schlachtjahrzeit festhalten wollen.»
An der Frage nach den nötigen Massnahmen für eine friedliche Gedenkfeier schieden sich die Geister. «Man müsste einen Ausschluss der politischen Extreme ins Auge fassen», schlug der Historiker Kurt Messmer vor. Zwar würden die Rechtsextremen an der Schlachtfeier meist ihr sonniges Gesicht zeigen. «Aber Leute, die den Hitlergruss machen, gehören weder aufs Rütli noch nach Sempach», so Messmer. Um die Teilnahme extremistischer Gruppierungen am offiziellen Festakt zu verhindern, kann sich Staatsschreiber Hodel ein Demonstrationsverbot vorstellen. Dagegen wehrte sich Stadtpräsident Schwegler. «Ein Verbot provoziert die Teilnahme Rechtsextremer erst recht.» Statt auf Repression will Schwegler auf Dialog setzen. «Wir müssen das Gespräch suchen. Dass heute auch Vertreter der extremen Rechten hier anwesend sind, zeigt, dass sie zumindest bereit sind, zuzuhören.»
Die Vertreter der rechten Szene gingen darauf ein und signalisierten Gesprächsbereitschaft. «Wir sind bereit, mit den Verantwortlichen zusammenzusitzen», erklärte ein Anwesender. Auch FDP-Kantonsrat Albert Vitali appellierte an den Kanton, mit Linken und Rechten das Gespräch zu suchen. «Alle sollen an der Schlachtfeier teilnehmen können. Wir wollen aber kein solches Polizeiaufgebot mehr wie dieses Jahr.»
Neues Konzept soll 2010 stehen
Die Organisatoren selbst haben an der Podiumsdiskussion keine Lösungsvorschläge präsentiert: «Wir wollten uns einfach ein Bild davon machen, was die Bevölkerung denkt», so Heidi Frey-Neuenschwander von der CVP Sempach. Staatsschreiber Hodel will die Wünsche und Bedenken der Sempacher an den Kanton weiterleiten. «Dass die Sempacher an der integralen Feier festhalten wollen, macht es aber nicht einfacher», so Hodel. «Die Sicherheitsrisiken werden dadurch erhöht.» Die Kommission, die für die Organisation der Feier zuständig ist, will bis Ende Jahr zuhanden der Luzerner Regierung ein Konzept vorlegen. Bis Anfang 2010 soll klar sein, wie die Schlachtjahrzeit nächstes Jahr gefeiert wird.