Sonntags Blick vom 21.06.2009
Neonazis und Linke mobilisieren für die Schlachtfeier von Sempach. In geheimen Verhandlungen mit dem braunen Sumpf will man die Situation entschärfen.
Beat Kraushaar
Am Freitag tagte die Luzerner Regierung. Eines der Haupttraktanden: der erwartete Grossaufmarsch von Neonazis und Linken an der Schlachtfeier bei Sempach am nächsten Samstag. Mit dabei: der für die Sicherheit zuständige Polizeikommandant Beat Hensler(52).
Die Luzerner befinden sich in einer unangenehmen Situation. Seit Wochen rufen die Partei national orientierter Schweizer (Pnos) und andere Rechtsextreme im Internet ihre Anhänger zur Teilnahme an der Feier auf. Auch der Kampfbund nationaler Aktivistinnen (KNA), die Vereinigung der Neonazi-Frauen, mobilisiert für den Anlass. Deren Führerin Denise Friedrich (23) wurde, wie ein Teil ihrer Genossen von der Pnos, wegen Rassendiskriminierung verurteilt.
Gleichzeitig mobilisieren die Jungsozialisten ihre Anhänger für die von der Stadt Sempach bewilligte Demo gegen Rechtsextremismus. Ihre Unterstützung zugesagt haben die Jungen Grünen und die Linksaussen-Organisation Antifa Bern. Nicht auszuschliessen, dass auch der gefürchtete Schwarze Block aus Zürich anreist.
Explosiver könnte die Mischung kaum sein: Hunderte von Neonazis und Hunderte von Linken, die sich im Gebiet deshistorischen Schlachtfeldes von Sempach gegenüberstehen.
Bereits gab es Anrufe von besorgten Bürgern. «Mütter und Väter haben Angst um ihre Kinder und Besucher fürchten, dass ihre Autos demoliert werden», sagt Urs Hangartner (56), Sprecher der Luzerner Kantonsregierung.
Um 623 Jahre nach der Schlacht von Sempach einen erneuten «Krieg» zu verhindern, versucht die Luzerner Regierung in letzter Minute, die Situation zu entschärfen. Hangartner: «Wir suchen informell das Gespräch mit den Rechtsextremen.»
Ziel des Geheimtreffens: Die Glatzen sollen ihre Kranzniederlegung am Denkmal des «Kriegshelden» Winkelried lange nach der offiziellen Feier und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen. Mit diesem Vorgehen kann sich der bekannte Neonazi-Jäger Heinz Kaiser (60) gar nicht anfreunden. In einem Schreiben fordert er die Verantwortlichen auf, die Teilnahme der Neonazis an der Feier zu verbieten. Nur so könne verhindert werden, dass diese durch braune Propaganda und Ideologie missbraucht wird. Doch dafür ist es zu spät. Ein Verbot hat die Luzerner Regierung ausgeschlossen.