Die Rechtsextremen der Pnos verlegten ihre Kundgebung gestern kurzfristig nach Bern. So kam es in Burgdorf nicht zur befürchteten Auseinandersetzung mit den Linksextremen. In Bern verpassten sie sich ebenfalls.
Die Burgdorfer Luft wirkt an diesem Sonntag zur Mittagszeit wie elektrisch geladen. Im Bahnhofquartier ist die Spannung fast körperlich spürbar: Der Rollladen vor dem Kiosk ist unten, die Tische und Stühle vor den Restaurants Rieben und Bernerhof sind verräumt. Polizisten in Kampfmontur besprechen die Lage. Noch anderthalb Stunden bis zur bewilligten Kundgebung der rechtsextremen Pnos auf der Schützenmatte. Noch anderthalb Stunden bis zur bereits angekündigten Gegendemo der linksextremen Antifa. Noch ist nicht bekannt, dass sich die Gruppen später nach Bern verschieben werden, wo es aber ebenfalls zu keinen Zwischenfällen kommt (siehe Zweittext).
Um 13 Uhr wimmelt es in der Emmestadt von bewaffneten Sicherheitsleuten in Uniform und Zivil . Polizeiautos und vergitterte Einsatzwagen patrouillieren durch die Strassen. Beim Kornhaus steht ein Wasserwerfer. Die Zähringerstadt ist zur Festung geworden.
Keine Spur von Demo
Eine halbe Stunde später stehen auf dem Parkplatz der Schützenmatt rund 50 Pnos-Anhänger mit Berner Fahnen und ihrem Tuch, das den Morgenstern auf dem Schweizer Kreuz zeigt. Doch davon, dass hier gleich eine Kundgebung stattfinden soll, ist nichts zu merken. Die Rechtsextremen unterhalten sich und fotografieren, wer sie fotografiert. Manche haben ununterbrochen ihr Handy am Ohr.
In Rufnähe beobachten, nebst zwei Dutzend Polizisten, Beatrix Rechner, die Leiterin der Burgdorfer Sicherheitsdirektion, und Regierungsstatthalter Franz Haussener die Szene. Beide machen einen gelassenen Eindruck. «Heute passiert nichts Schlimmes», sagt Rechner. Sie vertraue «voll der Kantonspolizei». Auch Haussener gibt sich wegen eines friedlichen Ausgangs der Demo «sehr zuversichtlich».
Plötzlich sind sie weg
Dann sind die Fahnen auf einmal verschwunden. Ein Auto nach dem anderen rollt vom Platz. Die Gruppe der Pnos-Leute wird kleiner. Als die Kundgebung um 14 Uhr beginnen soll, sind die Rechten verschwunden. Während die Sicherheitsleute und Behördenmitglieder noch rätseln, wohin sich die braune Truppe verzogen haben könnten, rotten sich in der Oberstadt 150 bis 200 Linksaktivisten zusammen. Teilweise vermummt besetzen die Antifaschisten die Schmiedengasse. Aus einem Lautsprecher dröhnt Musik; der Geruch von illegalem Kraut wabert durch die Strasse.
Nach einer Weile stellen die Autonomen fest, dass sich ihr Feind nicht mehr in Burgdorf aufhält. Sie marschieren, von der Polizei begleitet, zum Bahnhof und nehmen den 15.07-Uhr-Zug nach Bern, wohin sich die Pnos-Leute schon vor einer Stunde verschoben haben. Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch, Stadtschreiber Roman Schenk und Beatrix Rechner schauen dem Zug glücklich hinterher. Stunden später sagen Zäch, Rechner und Schenk an einer Pressekonferenz, sie seien «dankbar» dafür, dass Burgdorf «diesen schwierigen Tag» glimpflich überstanden habe.
Küsse für den Polizeichef
Thomas Sollberger, Chef der Regionalpolizei der Kantonspolizei, sagt, es habe weder Sach- noch Personenschäden gegeben. Rechner betont, die Zusammenarbeit mit der Polizei habe so gut geklappt, dass sie «nie auch nur den geringsten Zweifel» an einem guten Ausgang gehabt habe. Zäch bedankt sich bei Sollberger mit drei Küsschen für den Polizeieinsatz. Die Stadtpräsidentin hatte doppelt Grund zur Freude: «Ihr» Burgdorf bekam den Zuschlag für das Schwingfest. Und sieht auch nach gestern genauso aus wie vorher.
Johannes Hofstetter