Im alten 20-Punkte-Programm der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) wurde die «Rückführung kulturfremder Ausländer» gefordert. Dies sei nur ein Missverständnis, verteidigten sich die fünf Pnos-Exponenten gestern vor Bezirksgericht Aarau. Weit spannender als der Prozess war der spektakulär inszenierte Abgang der Angeklagten.
michael spillmann
Vor Prozessbeginn stellte sich gestern die Frage: Ziehen die Pnos-Exponenten die Einsprachen gegen den Strafbefehl wegen Rassendiskriminierung doch noch zurück? So wie dies der Parteivorstand › in völlig anderer Zusammensetzung › bereits im Sommer 2006 getan hatte (MZ von gestern). Die gute Nachricht: Der Prozess fand statt, das Gericht fällte einen Entscheid. Aber: Das Urteil wird erst heute Morgen bekannt gegeben.
Die fünf ehemaligen und aktiven Pnos-Politiker nahmen gemäss Anordnung von Ge- richtsspräsident Thomas Müller auf den Stühlen Platz. Darunter die Bernerin Denise Friedrich und der Freiburger André Gauch, die nach wie vor im Vorstand aktiv sind und › im Gegensatz zu ihren ehemaligen Vorstandskollegen › vom Bezirksamt Aarau eine unbedingte Geldstrafe aufgebrummt bekamen. Auslöser war eine Strafanzeige des Fricktaler «Neonazi-Jägers» Heinz Kaiser.
«Kollektive Schmähung»
Die Staatsanwaltschaft klagte wegen mehrfacher Rassendiskriminierung. Dies wegen zweier Abschnitte im alten 20-Punkte-Parteiprogramm, das zwischen August 2005 und März 2006 auf der parteieigenen Internetseite aufgeschaltet war. Im Strafbefehl des Bezirksamts heisst es dazu: «Das Parteiprogramm der Pnos beinhaltet eine kollektive Schmähung der Ausländer, indem ihnen in Punkt 4 Menschenrechte abgesprochen werden und in Punkt 7 ein Aufruf zur Rückführung kulturfremder Ausländer erfolgt.» Auf die Frage des Gerichtspräsidenten meinten alle fünf Angeklagten unisono: «Ich wusste, was der Inhalt des Programms war. Ich bin aber nicht der Ansicht, dass der Inhalt gegen die Antirassismus-Strafnorm verstossen hat.» Aussagen, die der Verteidiger der ehemaligen und aktiven Pnos-Spitze, der Kulmer Rechtsanwalt Fritz Tanner, weiter ausführte. «Es handelt sich dabei nur um eine Äusserung bezüglich der Ausländerpolitik.» Die Idee bei Punkt 7 sei eigentlich diese: Um nicht viel Geld für nicht assimilierte Ausländer auszugeben, solle dieses besser über eine internationale Organisation vor Ort gespendet werden. Weitere Punkte der Verteidigung: Das Programm stamme noch vom vorhergehenden Vorstand, die Angeklagten seien keine Juristen und schliesslich sei das Programm später auch geändert worden.
Niemand wusste von nichts
Nächstes Traktandum: Der «Taschenkalender des nationalen Widerstands 2006», in welchem unter anderem die jüdische Kippa mit dem Gesslerhut gleichgestellt wurde. Ein Pnos-Mitglied › das in einem Schreiben die volle Verantwortung dafür übernahm › vertrieb das 256 Seiten starke Büchlein übers Internet. Die Seite war auch auf der Pnos-Homepage verlinkt. «Ich habe nicht gewusst, das dieser Kalender dort verkauft wurde», so die Aussage eines Ex-Vorstandmitglieds. Man habe erst aus den Medien davon erfahren.
Abgang unter Polizeischutz
Während sich die Pnos-Exponenten vor Gericht meist kurz fassten und der Prozess absolut emotionslos ablief, war der Abgang aus dem Saal dann umso spektakulärer: Auf Wunsch der Angeklagten › und schliesslich auf richterliche Anweisung › mussten die Prozessbeobachter im Saal bleiben, bis die in der Öffentlichkeit auftretenden aktiven Vorstandsmitglieder und ihre kamerascheuen Ex-Kollegen › in Begleitung von Polizisten › ausser Reichweite und in «Sicherheit» waren.