Am Samstag wird unter dem Titel «Schlachtenlärm» ein Konzert in Zug stattfinden. Jetzt werden Vorwürfe laut.
Von Rap über Hip-Hop bis Metal im Zuger Kulturzentrum I 45 finden fast jede Woche Konzerte statt. Am Samstag sind vier Bands aus der Black-Metal-Szene geladen. Jetzt werden Vorwürfe von linker Seite laut, bei drei der Bands würde es sich um rechtsextreme Gruppen handeln. Besonders happig: die Vorwürfe gegen die zwei deutschen Bands Riger und Varg. Auf dem Cover des zweiten Albums der Gruppe Riger aus Frankfurt an der Oder sei ein verschnörkeltes Hakenkreuz abgebildet, und auch Songtitel wie «Germania» oder ein Album mit dem Namen «Des Blutes Stimme» würden nichts Gutes ahnen lassen, schreibt die Antifaschistische Aktion.
Klar ist, dass immer wieder ähnliche Vorwürfe gegen Black-Metal-Bands aufkommen, da es in ihren Texten oft um Hass, Heldenverehrung, Patriotismus und Gewalt geht. Doch nicht jede Black-Metal-Band würde Rassismus oder Rechtsextremismus propagieren, sagt der Luzerner Hans Stutz, Grossstadtrat und Beobachter der rechtsextremen Szene. Man müsse klar zwischen Black Metal und NS-Black-Metal-unterscheiden. Sein Fazit: «Ich fand weder in den Liedtexten noch anderswo Beweise dafür, dass die beiden Bands rechtsextremistisches oder rassistisches Gedankengut verbreiten.»
Stadt hat sich eingeschaltet
Trotzdem nimmt die Zuger Polizei das Konzert nicht auf die leichte Schulter und plant für Samstag entsprechend mehr Personal ein. Auch die Verantwortlichen der Stadt Zug haben sich eingeschaltet. «Wir nehmen die Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter, sind aber überzeugt, dass die Leitung des Kulturzentrums die nötigen Abklärungen vorgenommen hat. Wir wollen aber in keiner Weise die Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut unterstützen», sagt Regula Roth-Koch, Leiterin des Amtes für Kind Jugend Familie.
«Wir können und wollen keine Kulturzensur bei uns betreiben», betont Josef D’Inca, Leiter des Kulturzentrums Industrie 45 in Zug. «Ich habe in der Zwischenzeit die Angelegenheit zur Chefsache erklärt und alle nötigen Abklärungen getroffen.» Da aber nichts gegen die Bands vorläge, würde das Konzert am Samstag durchgeführt. «Wir sind ein Kulturzentrum, in dem alle Subkulturen eine Plattform finden», sagt D’Inca. Klar sei aber, wenn es rechtsextremistische Äusserungen am Konzert gebe oder jemand die Hand zum Hitlergruss hebe, sei die Party zu Ende.
Sicherheitsleute engagiert
So hat das Jugendzentrum auch erstmals für ein Konzert zwei Sicherheitsleute eingestellt. Denn auch wenn die Bands kein rechtsextremes Gedankengut verbreiten, unter ihren Fans findet sich eine ganze Reihe von Neonazis. Das bestätigt auch Stutz. So hat es an Konzerten der Bands schon Probleme mit Fans gegeben, die die Hand zum Hitlergruss gehoben hatten. Damals griff die Polizei ein. Trotzdem denkt D’Inca, dass am Samstag in Zug alles ruhig bleibt. «Wir hatten noch nie Probleme bei Konzerten von Metal-Bands. Da ging es immer sehr friedlich zu.» Für ihn ist es kein Fehler gewesen, die Veranstaltung des Konzerts mit dem Titel «Schlachtenlärm» in der I 45 zu bewilligen. «Wir arbeiten mit 30 verschiedenen Konzertveranstaltern zusammen und verlassen uns auf sie. In diesem Fall hat man mir versichert, dass die Bands in Ordnung sind.» Man habe auch einfach nicht die personellen Kapazitäten, um jede Band selbst zu überprüfen.
Obwohl einem Textstellen wie «So lasst uns sterben nach den alten Werten. Die Runen leben in unserem Blut» einen Schauer über den Rücken jagen, liegt weder in der Schweiz noch in Deutschland etwas gegen Riger und Varg vor. Der Deutsche Verfassungsschutz, dessen Aufgabe es ist, rechtsextremistische Propaganda zu verhindern, ist nie gegen eine der Bands vorgegangen. Auch bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Bonn ist kein Hinweis auf die Bands eingegangen. Laut dem Bundesverfassungsschutz sei die Abgrenzung zwischen Black Metal und NS-Black-Metal sehr schwierig.
So wehrt sich auch die Band Varg in ihrem Internetblogg gegen die Vorwürfe. «Varg ist keine NS-Band. Das Wort Heil hat nicht der böse Österreicher erfunden, und die Runen, die wir verwenden, sind nicht von SS-Künstlern entworfen worden», heisst es da. Fraglich bleibt aber, warum Bands wie Varg und Riger genau diese stark belasteten Symbole häufig verwenden.
Nelly Keune