Eine weitere Marionette?

Berner Rundschau vom 30.11.2009

Kommentar

Der Rücktritt aus dem Stadtrat nach nur einem Jahr sowie der zeitgleiche Parteiaustritt Timotheus Winzenrieds überrascht.

Erst vor anderthalb Jahren wurde er in der Wahlzeitung noch als «jung, heimatverbunden und zielstrebig» angepriesen; Parteikollegen sahen in ihm den Hoffnungsträger der lokalen Pnos-Sektion. Statt Tobias Hirschi, dem polarisierenden Vorgänger, sollte der geschliffenere Chemikant die Akzeptanz der Rechtsaussen-Partei im Oberaargau fördern. Winzenrieds Bilanz im Stadtrat fällt nun aber ebenso mager aus wie damals jene Hirschis; die arrivierten Parteien stellten ihn kalt. Auch die SVP wollte ihn nicht in die Fraktion aufnehmen und ging formell auf Distanz.

Angesichts der Tatsache, dass Winzenried nach dem Langenthaler Hirschi als Auswärtiger problemlos die Hürde in den Stadtrat schaffte, ist der Sitzanspruch der Rechtsextremen demokratiepolitiisch unbestritten. Deshalb kann auch nicht mehr von einem lokalen Phänomen gesprochen werden. Offenbar trifft deren Gedankengut in der Durchschnitts-Stadt auf ausreichend Nährboden. Auf den schalen Beigeschmack aber, dass der schweizweit bislang einzige Parlamentarier einer rechtsextremen Partei im hiesigen Stadtrat sitzt, fanden die Stadtoberen bisher nur das Möglichst-Totschweigen als Antwort. Der Image-Schaden aber ist längst geschehen – und seit der Wiederwahl zementiert. Dass die zweifelhaften Treffen Rechtsextremer auf dem Porzi-Areal stillschweigend hingenommen werden, lässt ebenfalls nur den Schluss zu, dass das Thema unter den Tisch gewischt werden soll. Findet die Pnos keinen Nachfolger, kann das der Stadt also nur recht sein.

Nur die Pnos-Strippenzieher aus dem Hintergrund können Langenthal jetzt also noch die Suppe versalzen. Dazu müssten sie allerdings zuerst eine weitere Marionette für den Stadtrat aus dem Hut zaubern.

Samuel Thomi