Das Winterthurer Bezirks- gericht hat Max Wahl zu 45 Tagen Gefängnis verurteilt. Grund: Verbreitung rechts- extremen Gedankengutes.
Autor: Von Andreas Mösli
Ein Aufschub der Gefängnisstrafe wäre zwar möglich gewesen, sagte Einzelrichter Peter Oberholzer gestern Montag bei seiner Urteilsbegründung. Doch die Verteidigungsrede des Angeklagten habe deutlich gezeigt: Bei Max Wahl „besteht keine Aussicht auf Besserung“.
Der 75jährige Jurist aus Ottikon bei Kemptthal verharmlost und leugnet die Verbrechen der Nazis. 1996 schrieb Wahl beispielsweise von der „Lüge von sechs Millionen ausgerotteten Juden“. Zudem habe er Bücher mit „zumindest teilweise eindeutig rassendiskriminierenden Inhalt“ angepriesen, hielt die Bezirksanwaltschaft fest. Sie klagte Wahl aufgrund des Antirassismus-Gesetzes (ARG) an und forderte eine unbedingte Gefängnisstrafe von vier Monaten.
Wahl ist kein unbeschriebenes Blatt in der rechtsextremen Szene: Jahrelang verbreitete er Rassenhass in seiner Postille „Eidgenoss“. In Deutschland wurde der Auschwitz-Leugner Anfang der neunziger Jahre zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. In der Schweiz hatte er immer wieder Mühe, eine Druckerei zu finden.
Wegen des ARG und finanzieller Probleme musste sich Wahl für die Verbreitung seiner Ideen schliesslich etwas Neues einfallen lassen. Mit den „Notizen“, wie er sein Pamphlet seither nennt, wendet er sich nun an einen kleineren Kreis von rund 500 Personen – laut Wahl kein öffentlicher Versand. Dabei handle es sich ausschliesslich um Empfänger, die er persönlich oder durch regelmässige Korrespondenz kenne. Ein Verstoss gegen das ARG sei deshalb unabhängig vom Inhalt nicht gegeben. Zudem habe er nicht alle Bücher auf seiner Versandliste gelesen, verteidigte sich Wahl. Was den Inhalt betreffe, verlasse er sich auf die Angaben der Verlage.
Der Einzelrichter zeigte dafür nur teilweise Gehör und verurteilte Wahl zu 45 Tagen Gefängnis unbedingt. Bei einem Versand von 500 Personen sei die Öffentlichkeit gegeben, begründete Oberholzer. Zudem habe Wahl selber ausgesagt, er kenne nur einen Teil der Empfänger persönlich; eine Kontrolle über die Verbreitung der Aussagen sei also nicht mehr möglich. Eine straffreie Handlung wäre nur bei einem kleinen Kreis vertrauter Personen möglich gewesen.
Nicht verantwortlich gemacht werden könne Wahl hingegen für den Inhalt der angebotenen Bücher – obwohl einzelne Aussagen darin „jenseits von Gut und Böse“ seien, sagte Oberholzer. Ein Schuldspruch in diesem Punkt würde seiner Meinung nach dem Buchhandel Probleme bringen. Ob Wahl das Urteil anfechten wird, ist offen. Gegenüber dem TA verweigerte er jede Auskunft.