Andres J. W. Studer ist vom Zürcher Bezirksgericht wegen Verletzung des Anti-Rassismus-Gesetzes zu vier Monaten bedingt verurteilt worden.
Autor: Von Eva Mackert
Das Urteil gegen Studer ist von aktuellem Interesse, debattiert doch heute Mittwoch der Nationalrat über die Motion Gusset (FPS TG), die eine Abänderung der Anti-Rassismus-Strafnorm verlangt.
Der ehemalige Lehrer und Auschwitz-Leugner Andres Studer erschien nicht vor Gericht: Er bombardierte indes Ankläger, Richter und die Medien mit umfangreichen „Verteidigungsschriften“, in denen er sich als „Opfer der Justizkriminalität“ und als der Schweiz „1. politischer Flüchtling“ bezeichnete. Studer lebt in Spanien. Aus seinem „Exil“ hetzt er weiterhin gegen den Zionismus, gegen die „gesinnungsterroristische Rechtsverluderung Helvetiens“ und „das aufgezwungene Maulkorbgesetz“.
Vom Kläger zum Angeklagten
Der Fall Studer geht auf den März 1995 zurück. Damals war Studer Kläger in einem Berufungsverfahren vor Obergericht. Er klagte wegen Ehrverletzung gegen einen Journalisten der „SonntagsZeitung“, der ihn als „Nazi-Sympathisanten“ bezeichnet hatte. Vor dem Obergericht breitete Studer seine abstrusen Theorien aus und beleidigte jüdische Persönlichkeiten im In- und Ausland. Das Gericht liess ihn während einer Stunde gewähren, obwohl die Richter wussten, dass Studer sich mit seinen Äusserungen auf Grund des Anti-Rassismus-Artikels 261bis des Strafgesetzbuches (seit 1. Januar 1995 in Kraft) strafbar machte. Das Obergericht sprach den Journalisten frei und beauftragte zwei Monate später die Bezirksanwaltschaft Zürich mit der Untersuchung gegen Studer.
Bezirksanwalt Thomas Würgler beantragte acht Monate unbedingt, einerseits für die Äusserungen Studers vor Obergericht, andererseits für den Versand von Unterlagen, Manifesten und Flugblättern mit rassendiskriminierendem Inhalt. Studer wollte sich eigentlich vor Bezirksgericht selbst verteidigen. Dies wurde abgelehnt. Der Kontakt zu seinem Pflichtverteidiger Paul Lenherr brach Mitte 1998 ab. Lenherr plädierte gestern auf einen Freispruch bzw. für eine mildere Strafe: Studer habe seine Angriffe nie gegen die Juden, sondern gegen den politischen Zionismus gerichtet, demzufolge habe er keine Rasse diskriminiert. Zudem habe er sich nur vor dem Gericht und nicht in der Öffentlichkeit geäussert.
Das Gericht entschied sich in seinem Urteil für eine Strafe von vier Monaten bedingt auf eine Probezeit von vier Jahren. Es bejahte den Öffentlichkeitscharakter einer Gerichtsverhandlung, sofern das Publikum davon nicht explizit ausgeschlossen sei. Unter den Begriff Öffentlichkeit fallen zudem auch Zusendungen an die Medien. Beim Versand von Hetzschriften an Behördenmitglieder und an die Bundespolizei gab das Gericht dem Verteidiger Studers Recht: Zwar habe Studer die Schriften versandt, die Behörden stünden aber unter Amtsgeheimnis, der Akt sei somit kein öffentlicher.
Nicht in den Schutzbereich von Artikel 261bis fallen laut Gericht Angriffe auf den Zionismus als politische Bewegung und auf den Staat Israel. Wo Studer aber die Juden als religiöse Gruppe diskriminierte und die Existenz der Vernichtungslager in Abrede stellte, wurde er schuldig gesprochen. Im Auftrage von Studer hat Lenherr Berufung angekündigt.