Körperverletzung und Rassendiskriminierung zugleich?fel. Lausanne, 8. NovemberEine öffentlich verübte Gewalttat gegen einen Menschen kann laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts nicht nur den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen, sondern unter Umständen zusätzlich als Rassendiskriminierung geahndet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gewalttat für einen unbeteiligten Dritten «klar erkennbar als rassendiskriminierender Akt erscheint». Das wurde im konkret beurteilten Fall eines Rechtsextremen verneint, der in Luzern drei Mal Ausländer verprügelt und verletzt hatte.Nicht jede gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Angehörigen verschiedener Rassen wird nach Auffassung des höchsten Gerichts von der Öffentlichkeit als rassistisch wahrgenommen. Im beurteilten Fall wäre dem nur so gewesen, wenn die Schläger für Dritte als Neonazis oder Rechtsextreme erkennbar gewesen wären. Das aber wird im Urteil der Strafrechtlichen Abteilung, das mündlich beraten wurde und daher nicht einstimmig zustande gekommen sein dürfte, aufgrund der äusseren Aufmachung der Täter verneint. Ein Durchschnittsbürger wisse nicht, dass ein Pullover der Marke «Lonsdale» von Rechtsextremen gern getragen werde, weil die Buchstabenfolge «. . . nsda . . .» auch in NSDAP enthalten sei. Ebenso wenig ist aus Sicht des Bundesgerichts allgemein bekannt, dass Neonazis Bomberjacken mit orangem Innenfutter bevorzugen. Immerhin sei die orange Farbe Kennzeichen verschiedener demokratischer Parteien in Europa. Und das auf der Jacke angebrachte Wort «Skinhead» sowie ein Abzeichen der SS-Totenkopfverbände seien aufgrund ihrer geringen Dimension schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr wahrzunehmen gewesen. – Aus diesen Gründen hat das Bundesgericht nur den Schuldspruch wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung bestätigt, die Verurteilung wegen Rassendiskriminierung dagegen aufgehoben und die Sache zur Neubemessung der Strafe an das Luzerner Obergericht zurückgewiesen. Dieses darf indes mit ausdrücklichem Segen des höchsten Gerichts straferhöhend berücksichtigen, dass der Täter die Gewaltdelikte «tatsächlich aus rassistischen beziehungsweise fremdenfeindlichen und somit besonders verwerflichen Beweggründen verübte und dass die Opfer die Gewalttätigkeiten als rassistische Akte empfanden, wodurch sie zusätzlich in besonderem Masse gedemütigt wurden».