Stadtpolizei nahm Stellung zu ihren Einsätzen an den Skinhead-Ausschreitungenund beim „antifaschistischen Spaziergang“ im Niederdorf
Bei diesem „Spaziergang“ der Antifaschisten im April 1997 griff diePolizei nicht ein. Zu Recht, urteilt die Geschäftsprüfungskommission.ARCHIVBILD BEAT MARTIDie Einsätze der Stadtpolizei bei den Ausschreitungen vom 5.und 19. April 1997 im Zürcher Niederdorf wertet Stadtrat Robert Neukomm“auch im nachhinein als plausibel und vertretbar“. Gleichzeitig räumteer ein, die Verantwortlichen an der Front hätten „die politische Sensibilitätder Vorfälle nicht richtig eingeschätzt“.Autor: VON THOMAS HASLERDie Ausschreitungen hatten nicht nur zu einer Schriftlichen Anfrageund einer Interpellation im städtischen Parlament geführt, sondernauch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Gemeinderatesauf den Plan gerufen. Gleich drei Vorfälle beschäftigte die Kommission:- Am 23. September 1995 kam es am Rande der „Blocher-Demo“ zu Zusammenstössenzwischen Skinheads und Autonomen. Einige Monate später tauchte inzahlreichen Einvernahmeprotokollen von Skinheads der Hinweis auf, Polizeibeamtehätten sie aufgefordert, Steine gegen Autonome zu werfen. Eine entsprechendeAussage war auch bei der Stadtpolizei protokolliert worden. „Der betreffendeBeamte schenkte den Vorwürfen damals keinen Glauben“, heisst es inder stadträtlichen Antwort auf die Schriftliche Anfrage von AnitaZimmerling (SP). Deshalb habe das Kommando vom Vorwurf keine Kenntnis gehabt.
Skins mit Anzeige gedroht
Neukomm erhielt die Protokolle Monate später zugespielt, das Kommandoreichte „gegen unbekannte Polizeibeamte“ umgehend Strafanzeige ein. Gleichzeitigdeponierte es vorsorglich auch eine Anzeige gegen jene Skinheads, welchedie Vorwürfe erhoben hatten. Sollten sie gelogen haben, müssensie mit einem Verfahren wegen falscher Anschuldigung rechnen. Neukomm äussertesich „erstaunt, dass die zuständige Untersuchungsbehörde trotzumfassender Kenntnis der Vorwürfe keine Veranlassung sah, selbst eineUntersuchung gegen die Polizei einzuleiten“.- Am 5. April 1997 zogen etwa 100 grölende und rassistische Sprücheskandierende Skinheads durchs Niederdorf. Mindestens drei Jugendliche wurdenverletzt. Die Polizei, mit 13 Personen vor Ort, schritt während Stundennicht ein und verzichtete auch darauf, Verstärkung anzufordern. DerEinsatzleiter habe „wegen des soweit friedlichen Verhaltens der Skinheads“geglaubt, er könne die Situation „mit 12 Polizeiangehörigen unterKontrolle haben“, rechtfertigt sich das Polizeidepartement.
Kritik akzeptiert
Das Verhalten des zuständigen Offiziers beurteilte die GPK in dreiPunkten als „unbefriedigend“. Zum einen sei es unterlassen worden, Personenzu kontrollieren und gefährliche Gegenstände sicherzustellen.Zum andern habe man es unterlassen, Beweismittel zu sammeln. Zum drittensei das Kommando nicht rechtzeitig über die Vorfälle orientiertworden. Neukomm selber erfuhr davon sogar erst durch einen Journalisten.“Die GPK ist der Auffassung, dass der Sensibilisierungsgrad im Polizeikorpsfür derart heikle Situationen durch Schulung und Aufklärung gesteigertwerden sollte“, heisst es im Bericht.